Einer dieser Experten ist Professor Martin Stuchtey, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von SYSTEMIQ, der in seiner Präsentation über Ressourcenproduktivität als Europas nächstes Geschäftsmodell referierte.
„Neben der Corona-Pandemie darf nicht vergessen werden, dass sich mit der Klima- und Ressourcenkrise eine zweite große Herausforderung in Österreich wie weltweit stellt“, betont Rudolf Zrost, Präsident Ressourcen Forum Austria. Das Vierte Nationale Ressourcenforum stand in diesem Jahr deshalb ganz unter der Frage, wie ein Neustart der österreichischen Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens Nachhaltigkeit und Wertschöpfung vereinen kann. In unterschiedlichen Online-Veranstaltungsformaten tauschten sich am 4. und 5. März zahlreiche Experten aus unterschiedlichen Branchen mit über 500 Teilnehmern aus.
„Unser Ziel muss es sein, in der Praxis aufzuzeigen, dass Wohlstand und Entwicklung vom Naturverbrauch erfolgreich entkoppelt werden können“, erklärte Rudolf Rost. 2013 gegründet, ist das Ressourcen Forum Austria heute eine wichtige österreichische Plattform für effiziente Ressourcennutzung und Nachhaltigkeit. Nach 2015, 2017 und 2019 ging die große Konferenz in diesem Jahr coronabedingt als reine Online-Veranstaltung über die Bühne.
Ressourcenproduktivität als politischer Leitindikator – darüber sprach Professor Martin Stuchtey, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von SYSTEMIQ, in seinem Vortrag. Im Kontext von Green Deal und internationalem Ressourcenwettbewerb rücke eine neue Kompetenz ins Blickfeld: Wohlstandsgenerierung getrieben durch Dematerialisierung und Dekarbonisierung. „In einer solchen Welt wird Ressourcenproduktivität zum politischen Leitindikator. Ein entkoppeltes Industriemodell erfordert mehr als effizienteres Wirtschaften, es erfordert einen systemischen Umbau. Die Prinzipien und die dadurch entstehende Wertschöpfungslandschaft stellen für Österreich und Europa eine spannende Perspektive dar“, so Stuchtey.
Passend dazu folgte das Thema „Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft als Beitrag zu Dekarbonisierung und Klimaschutz“ in einem der vier Parallelforen. Dabei erklärte Professor Mario Schmidt, INEC Institute für Industrial Ecology, Hochschule Pforzheim, wie Ressourceneffizienz praktisch zum Klimaschutz beitragen kann. Beispiele aus der betrieblichen Praxis lieferten unter anderem Walter Rabitsch, Werksleiter, Breveilier Urban & Sachs GmbH & Co KG und David Schönmayr, Program Lead Sustainability by Design, Fronius International GmbH. Sie konnten aufzeigen, wie ihr Handeln die Betriebe auf den Weg zur Klimaneutralität bringt. Johannes Fresner, STENUM GmbH, präsentierte ein neues Werkzeug, welches produzierende Unternehmen bei der Identifikation von Potenzialen zur Steigerung der Ressourceneffizienz entlang des Produktlebenszyklus unterstützt.
Am Beispiel der Gülle gingen Experten aus der Landwirtschaft parallel der Frage nach, welche Chance eine Bioökonomie für die Landwirtschaft bietet. Gülle kann sowohl als Wirtschaftsdünger eingesetzt, aber auch zu Dünger oder Biogas verarbeitet werden. Vielversprechende Ergebnisse aus der Praxis präsentierte Christian Werni, Landwirtschaftskammer Steiermark, mit dem Projekt Ammosafe, welches die Rückgewinnung von Ammonium-Stickstoff aus der Gülle vorsieht.
Österreichische und bayrische Gemeindevertreter diskutierten inzwischen, welche Rolle sie und die Regionen in einer zukünftig geplanten Kreislaufwirtschaft einnehmen werden. Maic Verbücheln vom Deutschen Institut für Urbanistik betonte die wesentliche Rolle der Gemeinden für die nachhaltige Entwicklung Österreichs und Deutschlands. Um diese Rolle auszufüllen bedarf es engagierter Gemeindevertreter und der Mitwirkung aller Bürger. Margit Krobath aus der Ökoregion Kaindorf betonte, wie wichtig es sei, Bürger und Vertreter der Gemeinden zu motivieren. Im Projekt RessourcenRegionEUREGIO+, welches Sarah Reiter, EUREGIO Salzburg – Berchtesgadener Land – Traunstein, vorstellte, sollen in den nächsten Monaten Gemeinden motiviert, vernetzt und bei Zukunftsprojekten unterstützt werden.
Die ExpertInnen in der Bildungssession sind sich einig: Für alle diese Projekte ist das Thema Bildung zentral. Genau aus diesem Grund wurden diverse Apps, Brettspiele, Ausstellungen und Bücher entwickelt, um Jugendliche in ihrem Lebensumfeld abzuholen und bestmöglich auf das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung einzuzahlen.
Im anschließenden Zukunftsdialog diskutierten Bundesministerin Leonore Gewessler, Rudolf Zrost und Bürgermeister Thomas Freylinger, Gemeinde Kuchl, wie der Übergang in diese ressourcenschonende Zukunft und der zukünftige europäische Green Deal praktisch umgesetzt werden können. Besonders die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft bei Einhaltung möglichst hoher Umweltziele und die regionale Umsetzung europäischer Bestreben war Kern der Diskussion. Die Diskutanten waren sich einig, dass Klimaneutralität und die Ressourcenwende Zukunftsziele sind, mit deren Umsetzung jetzt begonnen werden muss.
Am 5. März stellte Nina Eisenmenger, Hauptautorin des aktuellen Ressourcennutzungsberichtes klar, dass die momentane Ressourcennutzung in Österreich nicht zukunftsfähig ist. In einem Plenum wurde die Ökobilanz des täglichen Lebens diskutiert. Gudrun Lettmayer, LIFE – Institut für Klima, Energie und Gesellschaft, Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, sprach darüber, wie verschieden die Emissionen unterschiedlicher Lebensstile sein können. Georg Scheicher, Architekten Scheicher ZT GmbH, und Katrin Fischer, Landwirtschaftskammer Oberösterreich, gingen dabei besonders auf das Wohnen und die Ernährung ein.
Die Rolle der Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle für eine ressourcenschonende Zukunft diskutierten Raphael Fasko, Rytec Circular; Wilhelm Mauß, Geschäftsführer Lorenz GmbH & Co. KG; und Hannes Leopoldseder, Leiter des SKF Industrial Services Centres, SKF Österreich AG. Dabei ging es um die Frage, wie mit Circular Economy – gerade im Mittelstand – Geld verdient werden kann. Wilhelm Mauß und Hannes Leopoldseder zeigten auf, wie unternehmerisch erfolgreich kreislauffähige Geschäftsmodelle und damit nachhaltiges Wirtschaften sein können!