Alttextilien sind seit jeher ein wichtiger Rohstoff. Aus dem Regionalhandel mit Alttextilien ist heute ein globaler Markt geworden. Moderne Betriebe sortieren heute sehr differenziert, um einen möglichst hohen Anteil wiederzuverwenden. Die Branche der Alttextilien schafft somit auch einen positiven Beitrag zur Reduzierung der umweltschädlichen Auswirkungen, die bei der Herstellung neuer Textilien entstehen.
Bisher liefern einzig die Daten der Alttextilstudie „Bedarf, Konsum, Wiederverwendung und Verwertung von Bekleidung und Textilien in Deutschland“ des bvse Auskünfte über Zusammensetzung, Sammelmengen und Verbleib der Textilien nach Gebrauch. Es fehlen allerdings weitere Grundlagen für die Branchen der Sammler, Sortierer und Verwerter von Alttextilien. Aber auch ohne vollumfängliche Datenbasis können bereits Aussagen für einen notwendigen Wandel getroffen werden:
- Aktuelle Modetrends führen zu einem „Fast Fashion“-Verhalten. Die übliche Nutzungsdauer von Textilien hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen.
- Billigwaren aus Materialmixen nehmen zu. Dadurch sinkt die Qualität der Textilien, was negative Folgen für die Reparierbarkeit und die Langlebigkeit der Produkte hat. Zudem werden selbst etablierte Verwertungsverfahren immer schwieriger.
- Minderwertige Textilien aus Asien werden in Entwicklungsländern in Konkurrenz zu Second-Hand-Ware auf dem Markt angeboten.
- Durch Krisen und Einfuhrbeschränkungen werden Absatzmärkte zusätzlich beschränkt.
- Durch Mengensteigerung und Qualitätseinbußen wird der Anteil der nicht wiederverwendbaren Alttextilien weiter steigen.
- Abfallwirtschaftskonzepte fördern zunehmend die Getrennterfassung von Altkleidern in den Industrieländern, sodass europaweit mit steigenden Sammelmengen zu rechnen ist. Insbesondere die Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie, wonach ab 2025 überall in Europa Alttextilien getrennt zu erfassen sind, wird eine sehr relevante Mengensteigerung zur Folge haben. Das hat enorme Auswirkungen auf den internationalen Markt der Alttextilien.
Alle diese Entwicklungen zeigen, dass ein Wandel dringend erforderlich ist.
Erfahrungen mit anderen Abfallströmen sowie Studien aus anderen Ländern zeigen, dass durch eine erweiterte Herstellerverantwortung auf allen Ebenen eine positive Einflussnahme möglich ist.
Für Bekleidung, Textilien, und Schuhe hat bislang nur Frankreich ein System einer erweiterten Herstellerverantwortung eingeführt. Schweden und die Niederlande haben entsprechende Regierungsbeschlüsse und bereiten hierzu eine gesetzliche Regelung vor. Auch in Spanien gibt es eine politische Entscheidung für den Aufbau eines Systems einer erweiterten Herstellerver- antwortung für Textilien.
Die Unterzeichner unterstützen eine „Erweiterte Herstellerverantwortung“, die insbesondere folgenden Bereiche umfasst:
- Vorgaben zu Herstellung und Design von Textilien durch Kriterien wie Langlebigkeit sowie Recycling- und Reparaturfähigkeit (auch durch die Ausweitung der Ökodesign-Richtlinie auf diese Kriterien). Zudem müssen Vorgaben zum Einsatz von Recyclingfasern und sonstigen ökologisch vorteilhaften Materialien getroffen werden.
- Mindestanforderungen an die Sortierung und die Wiederverwendung und den Export von Bekleidung, Textilien und Schuhen sowie Anforderungen an das Recycling der Waren, die nicht mehr marktfähig und tragbar sind.
- Vorgaben für die Organisation und die Verantwortlichkeiten in einem neuen transparenten Gesamtsystem.
- Berücksichtigung von Kommunikation, Dokumentation, Nachweisführung, Überwachung und Kontrollmechanismen.
- Anforderungen an Förderung von Forschung und Entwicklung.
- Finanzierungsmechanismen für Erfassung, Sortierung, Wiederverwendung, hochwertige stoffliche Verwertung, Information und für Kommunikation und Kontrolle. Diese bilden die Grundlage für die Umsetzung aller Anforderungen in Deutschland.
Wer trägt die erweiterte Herstellerverantwortung?
- Hersteller/Produzenten, die in Deutschland Bekleidung, Textilien und Schuhe produzieren, sind im Rahmen einer in Deutschland geltenden erweiterten Herstellerverantwortung ausschließlich verantwortlich für ihren Anteil, der in Deutschland typischerweise nach Gebrauch bei einem privaten Endverbraucher als Abfall anfällt.
- Inverkehrbringer, die Bekleidung, Textilien und Schuhe gewerbsmäßig nach Deutschland importieren sind verantwortlich für den Anteil, der typischerweise nach Gebrauch bei einem privaten Endverbraucher als Abfall anfällt.
Es darf nur dasjenige Unternehmen Textilien auf den deutschen Markt bringen, welches auch bei einer entsprechenden Stelle registriert ist und diesem Register nachweist, dass und auf welche Weise es für seinen Anteil die erweiterte Herstellerverantwortung übernimmt. Es gibt hierzu bereits Erfahrungen aus Frankreich mit dem System einer Erweiterten Herstellerverantwortung für Bekleidung, Textilien und Schuhe: Re Fashion (ehe- mals ECO-TLC). In Deutschland müssen sich alle Hersteller und Importeure, die als Erstinverkehrbringer Waren in Deutschland vertreiben, mit allen Verpackungen, die typischerweise nach Gebrauch beim privaten Endverbraucher anfallen, an einem System beteiligen und sich bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister registrieren und ihre Verpackungsmengen melden.
Wichtige Schritte in Deutschland
- Diskussion zu konkreten Umsetzungsmodellen im Rahmen einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien,
- Vorbereitung einer konkreten gesetzlichen Lösung.
Eine Übertragbarkeit bestehender Gesetze zur erweiterten Herstellerverantwortung auf den Bereich der Textilien ist aufgrund der großen individuellen Besonderheiten und der bereits bestehenden Infrastruktur nicht sinnvoll.