Der Präsident des BDE, Peter Kurth, hat den Statusbericht Kreislaufwirtschaft als ausgezeichnete Bestandsaufnahme und gute Handlungsempfehlung bezeichnet. „Die Neuauflage des Statusberichts ist ein detailreicher Report der aktuellen volkswirtschaftlichen Bedeutung unserer Branche. Ihm gelingt ein sehr guter Überblick über die einzelnen Stoffströme und ihre Potenziale“, erklärte Kurth am Dienstag in Berlin anlässlich der Vorstellung des Statusberichts Kreislaufwirtschaft 2020.
Bei der aktuellen Ausgabe handelt es um die inzwischen zweite Fortschreibung des Branchenberichts. Für die Neuauflage hat die Prognos AG in Zusammenarbeit mit fünfzehn Verbänden, Vereinen, Unternehmen und Institutionen auf mehr als zweihundertzwanzig Seiten eine umfassende Branchenanalyse erstellt und Kompetenzen und Potenziale untersucht.
Kurth: „Auch wenn sich die Vorlage des Berichts coronabedingt verzögert hat, kommt er dennoch zum idealen Zeitpunkt. Aktuell sind die politischen Parteien dabei, sich auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr vorzubereiten und dafür ihre Wahlprogramme zu formulieren. Dieser Statusbericht belegt eindrucksvoll, dass die Kreislaufwirtschaft ein großer Hebel für den Klimaschutz sein kann, dabei aber den Gesetzgeber braucht. Dieses große Potenzial ist in der Politik bisher noch nicht gehoben worden. Deshalb kann dieser Statusbericht den Entscheidern in Parteien und Parlamenten eine gute Übersicht über Potenziale und Maßnahmen geben.“
Einen prominenten Raum nehmen die Dynamik der Branchenentwicklung und der Beschäftigungszuwachs im Statusbericht Kreislaufwirtschaft 2020 ein. So erwirtschaftete die Branche einen Umsatz von 84 Milliarden Euro und verzeichnete damit im Vergleich zu 2010 einen Anstieg um 18 Prozent. Auch die Personalzahlen entwickelten sich erfreulich. Derzeit zählt der Wirtschaftszweig ca. 310.000 Beschäftigte.
BDE-Präsident Kurth: „Die Entwicklung der Beschäftigtenzahl ist besonders erfreulich und zeigt, dass die Kreislaufwirtschaft zu den Zukunftsbranchen gehört. Im Statusbericht sehen wir einen soliden Anstieg der Mitarbeiterzahlen über die gesamte Dekade. Eine besondere Dynamik zeigt sich aber im Beschäftigtenzuwachs um jeweils 3,5 Prozent in den vergangenen zwei Jahren. Diese Zahlen belegen eindeutig, dass die Kreislaufwirtschaft auch für die Europäische Union erhebliche Jobpotenziale birgt.“
Besonders positiv sind die Auswirkungen des Recyclings auf den Klimaschutz. Derzeit bedeutet der Einsatz von Recyclingrohstoffen in der produzierenden Industrie jährlich eine Einsparung von ca. 50 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Damit wird aber nur eine Substitutionsquote von ca. 12 Prozent erreicht.
Kurth: „Diese Quote sollte in der nächsten Legislaturperiode verdoppelt werden. Die Kreislaufwirtschaft stünde dann für eine CO2-Einsparung, die dem Anderthalbfachen der gesamten Windenergie entspricht.“
Einige aktuelle Beispiele aus Sicht des BDE: In Deutschland werden jährlich 4,5 Millionen Kraftfahrzeuge produziert und ca. 3,5 Millionen zugelassen. Nur gut 500.000 Fahrzeuge werden aber jährlich in Deutschland in Entsorgungsanlagen behandelt und damit dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt. Knapp 2,3 Millionen Fahrzeuge werden exportiert. Von 180.000 Fahrzeugen ist der Verbleib ungeklärt. Das bedeutet, dass bei einem angenommenen durchschnittlichen Gewicht von zwei Tonnen pro Pkw etwa fünf Millionen Tonnen wertvolle Rohstoffe dem Wirtschaftskreislauf in Deutschland entzogen werden. Diese Zahlen können nach Ansicht des BDE nicht zufriedenstellen. Politik und Wirtschaft seien hier gemeinsam gefordert.
Der Bericht betont zudem die Bedeutung der Erfassung organischer Abfälle und des Phosphorrecyclings.
Kurth: „Auch acht Jahre nach Beschluss des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Jahr 2012 ist die gesetzlich vorgeschriebene Sammlung von Bioabfällen vielfach noch nicht Realität, sondern steht allein auf dem Papier. Phosphor gehört zu den Rohstoffen, die für die Landwirtschaft völlig unverzichtbar sind und bei denen die klaren Absichten des Gesetzgebers in der Praxis leider oft unterlaufen werden. Diese Beispiele zeigen: wir brauchen nicht nur gute Gesetze, sondern auch besseren Vollzug dieser Regeln.“
Bei Kunststoffen finden eine umfassende Sammlung und Aufbereitung der Abfälle statt. Allerdings gelingt hier der Wiedereinsatz von Kunststoffrezyklaten in der Praxis nur unzureichend. Alle Appelle und Bekundungen der letzten Jahre haben hier nichts geändert. Forderung des BDE: Wer Kreislaufführung bei Kunststoffen will, kommt an Instrumenten wie Mindesteinsatzquote künftig nicht vorbei.
BDE-Präsident Kurth: „Mit dem vorgelegten Statusbericht Kreislaufwirtschaft 2020 haben wir nun eine wissenschaftlich fundierte Expertise, die wertvolle Informationen und Fakten liefert und belegt, welche positiven Effekte durch mehr Kreislaufwirtschaft zu heben sind. Die Darstellung sämtlicher Bereiche zeigt zudem die Leistungsfähigkeit einer Zukunftsbranche. Der neue Statusbericht ist ein guter Anlass, den Begriff ‚Kreislaufwirtschaft‘ weiter zu fassen. Kreislaufwirtschaft ist nicht Entsorgungswirtschaft. Sie beginnt nicht erst mit der Entsorgung, sondern mit der Produktidee und der Entscheidung der Hersteller für eine recyclingfreundliche Produktion mit recyclingfähigen Materialien. ‚Design for Recycling‘ ist ebenso ein Begriff der Kreislaufwirtschaft wie ‚Mindesteinsatzquote‘. Circular Economy funktioniert nur, wenn alle Akteure den Kreislauf mitdenken. Der Statusbericht liefert eine Anleitung zum Umbau der Wirtschaft in unserem Land, zum ‚anders wirtschaften‘ und ‚anders konsumieren‘. Dies sind Voraussetzungen dafür, dass Deutschland eine führende Wirtschaftsnation bleibt und dennoch stärker auf Nachhaltigkeit setzen kann.“
Kurth weiter: „Die Entwicklung von der linearen zur zirkulären Wirtschaft passiert nicht von allein. Kreislaufwirtschaft braucht den Ideenreichtum und den Pioniergeist vieler Unternehmen, gerade auch aus dem Mittelstand. Die Unternehmen leisten hier Bestes. Damit sich dieser Unternehmergeist auch positiv entfalten kann, braucht es seitens der politischen Entscheider kluge Rahmenbedingungen und vernünftige gesetzliche Regelungen. Der Statusbericht fällt in die Zeit des EU-Green Deal und des Kreislaufwirtschaftspaketes, die in Brüssel vorgestellt worden sind. Mit einer weiter entwickelten Kreislaufwirtschaft schonen wir Ressourcen, schützen das Klima und bleiben Industriestandort.“