Die deutsche Aluminiumindustrie hat im ersten Halbjahr einen erheblichen Konjunktureinbruch zu verkraften, meldet der Gesamtverband der Aluminiumindustrie (GDA). Die Erzeugung von Rohmetall sank demnach um mehr als 14 Prozent, die Weiterverarbeitung und die Halbzeugproduktion jeweils mehr als 5 Prozent.
„Die Coronakrise hat tiefe Löcher in die Bilanz des ersten Halbjahres gerissen. Die immensen Auswirkungen und die Wucht der Corona Pandemie zeigt unsere Ad-hoc-Mitgliederumfrage, die wir zum Ende des zweiten Quartals 2020 durchführten. Mit einem Anteil von 92 Prozent ist der Auftragsmangel die bedeutendste Produktionsbehinderung. Dieser Einbruch macht sich natürlich auch in unseren Abruf- und Produktionszahlen bemerkbar“, erklärte GDA-Geschäftsführer Marius Baader. Viele Kundenbranchen, vor allem die Luftfahrt und die Automobilindustrie, verbuchten starke Umsatzeinbrüche. Viele Mitgliedsunternehmen mussten ihre Fertigung rasch reduzieren oder temporär ganz einstellen. Baader weiter: „Die Bundesregierung hat sehr schnell Hilfspakete für die Unternehmen geschnürt. Die Reaktionsgeschwindigkeit hat den Unternehmen zu Beginn der Krise sehr geholfen.“
Recyclingbetriebe leiden am stärksten
In der Aluminiumindustrie sei der Bereich Rohaluminium vom Konjunktureinbruch am deutlichsten betroffen. Über 14 Prozent Rückgang im ersten Halbjahr mussten die Produzenten demnach verkraften. Die Recyclingunternehmen hätten am meisten zu leiden, deren Produkte vornehmlich beim Aluminiumformguss eingesetzt werden und damit zu 90 Prozent an der Entwicklung der Automobilindustrie hängen. Mit den Werksschließungen der OEM im zweiten Quartal sei auch hier die Produktion größtenteils zum Erliegen gekommen. Insgesamt betrage der Rückgang im ersten Halbjahr knapp 30 Prozent.
Die Hersteller von Aluminiumhalbzeug müssten ihre Produktion um fünf Prozent einschränken. Die volumenmäßig dominierenden Produktbereiche – Walzprodukte und Strangpressprodukte – seien vom Konjunktureinbruch unterschiedlich betroffen. Die Produktion der Walzwerke ging laut GDA aufgrund der stabilisierenden Effekte des Verpackungsmarktes lediglich um 2,6 Prozent zurück, während die Hersteller von Profilen, Stangen und Rohren ihre Produktion um über 12 Prozent reduzieren mussten. Der Grund sei auch hier die starke Abhängigkeit von den Automobilwerken.
Die Entwicklung der Aluminiumweiterverarbeiter habe sich dem negativen Trend ebenfalls nicht entziehen können. Die Verpackungsmärkte seien zwar bisher deutlich besser durch die Krise gekommen, jedoch seien die Kapazitäten in den letzten Jahren am Standort Deutschland reduziert worden. Hierdurch falle die deutsche Produktionsentwicklung hinter die eigentliche Marktentwicklung zurück.
Ausblick: leichte Erholungstendenzen
Für die zweite Jahreshälfte sei der Ausblick etwas positiver: Die Automobilindustrie zeige erste leichte Erholungstendenzen. Die Bauwirtschaft, eine der wichtigsten Kundenbranchen, habe deutlich geringere Rückgänge als erwartet zu verbuchen. Die Mitglieder des GDA rechnen mit einer leichten Erholung in der zweiten Jahreshälfte, allerdings bleibe das Produktionsvolumen des Jahres 2019 auf absehbare Zeit noch außer Reichweite.
„Mit großer Sorge blicken wir auf den zunehmenden Handelskonflikt zwischen Europa und China. China hat in den letzten Jahren eine enorme Menge an Überkapazitäten aufgebaut. Erhebliche Teile hiervon drängen in die Europäische Union. Deshalb hatte die EU bereits im Februar 2020 eine Antidumpinguntersuchung zu Aluminium-Strangpressprodukten mit Ursprung in China eingeleitet. Hinzu gekommen ist aktuell (August 2020) eine neue Untersuchung von bestimmten Aluminium-Walzprodukten, welche den größten Teil der Aluminiumimporte ausmachen. Auch China muss sich an die globalen Regeln des freien und fairen Handels halten. Deshalb begrüßen wir die Überprüfung des Verhaltens der chinesischen Aluminiumindustrie“, erläutert Andreas Postler, Leiter Volkswirtschaft und Handelspolitik.
Die mittelfristige Perspektive für die Aluminiumindustrie bleibt aus GDA-Sicht weiterhin sehr gut: „Die Nachfrage nach Aluminium wird global weiter zunehmen und auch in Deutschland ist der Bedarf anhaltend hoch. Der Werkstoff bietet innovative Lösungen für die Fragen der Zeit. Und der Standort Deutschland ist hochwettbewerbsfähig und leistungsstark. Dafür sind maßgeblich ihr hohes Innovationspotenzial und technische Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich“, ergänzt GDA-Geschäftsführer Baader.