Aus Sicht von GRS ist unerklärlich, warum die von den angehörten Verbänden vorgebrachten Kritikpunkte zu dem im Januar seitens des BMU vorgelegten Referentenentwurfs auch im aktuellen Regierungsentwurf nahezu vollständig unberücksichtigt blieben. „Wir bedauern sehr, dass das BMU auf einen konstruktiven Diskussionsprozess mit den betroffenen Akteuren verzichtet hat.“ sagt Georgios Chryssos, GRS Stiftungsvor- stand. „Neben dem von uns befürchteten Wettbewerb der minimalen Zielerreichung, enthält der Gesetzentwurf aber auch einen gravierenden Regelungskonflikt, der die bisherigen Wettbewerbsverzerrungen weiter gesetzlich verschärft.“
Verfassungsrechtlich angreifbare Wettbewerbsbenachteiligung künftiger Marktteilnehmer
Aus Sicht von GRS enthält der durch die Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf zwei unterschiedliche, diametral voneinander abweichende Verfahren zur Bestimmung der Sammelquoten, die eine verfassungsrechtlich angreifbare, wettbewerbliche Benachteiligung aller zukünftig neu auf den Markt tretenden Rücknahmesysteme, aber auch des 2020 neu gegründeten herstellereigenen Rücknahmesystems der Stiftung GRS Batterien bewirken würden. So liege in den Regelungen der §§ 16 Abs. 3 und 31 Abs. 6 und 7 des BattG-Regierungsentwurfes eine offenkundige und durch nichts zu rechtfertigende Ungleichbehandlung bei der Quotenberechnung vor. Danach müsste GRS für neu in den Markt eintretende oder das Rücknahmesystem wechselnde Hersteller ungleich höhere Rücknahmemengen erreichen als die bereits seit mehreren Jahren zugelassenen herstellereigenen Rücknahmesysteme. Erst recht und in noch höherem Maße träfe dieser Nachteil zukünftig neu tätig werdende Rücknahmesysteme. „Sollte das Gesetz so unverändert in Kraft treten, wären wir zu verfassungsrechtlichen Schritten gezwungen.“ sagt Chryssos.
Keine Regelung für mögliche Insolvenzen von Rücknahmesystemen
Des Weiteren bemängelt GRS, dass mögliche Systemausfälle nach wie vor gesetzlich nicht geregelt sind und hierfür keinerlei Vorkehrungen getroffen werden, obwohl dies im bisherigen Gesetzgebungsprozess vielfach eindringlich gefordert wurde. So wären im Falle von Systeminsolvenzen die übrigen Rücknahmesysteme verpflichtet, Rücknahmestellen und Sammelmengen des insolventen Systems zu übernehmen – ohne eine entsprechende Gegenfinanzierung.
Schwerwiegende Folgen durch fehlende Abgrenzung von Li-Geräte- und Industriebatterien
Auch im Hinblick auf die stark steigenden Mengen an Li-Industriebatterien sieht GRS weiterhin dringen- den Handlungsbedarf. „Die Abgrenzung zwischen Li-Geräte- und Industriebatterien ist in der Rücknahme, z. B. auf dem Wertstoffhof, nahezu unmöglich“ bemerkt Chryssos. „Es besteht die große Gefahr, dass die Entsorgung einer Vielzahl von Li-Industriealtbatterien zu Lasten der Hersteller von Gerätebatterien geschehen wird.“
Abholregelungen nicht praxisgerecht und kontraproduktiv für den Klimaschutz
Ebenso erscheinen GRS die geplanten Abholregelungen nicht praxisgerecht. Ähnlich dem ElektroG sieht der BattG-Regierungsentwurf faktisch eine maximale Abholmenge pro Sammelstelle vor. Den Rücknahmesystemen soll es offenbar nicht mehr erlaubt sein, größere Abholmengen mit den Rücknahmestellen individuell zu vereinbaren. „Diese Regelung würde aus unserer Sicht nur Sinn machen, wenn auch eine behördlichen Abholkoordination analog dem ElektroG vorgesehen wäre.“ sagt Chryssos. Nach ersten Berechnungen von GRS wird diese Vorgabe aber auf jeden Fall zu einer Vervielfachung kleinteiliger Transportverkehre führen – was unter Klimaschutzaspekten in höchstem Maße kontraproduktiv wäre.
Fehlende Kenntnis abfallwirtschaftlicher Marktmechanismen
Völlig unerklärlich erscheint GRS allerdings die jüngste Aussage des BMU, dass das neue Gesetz einen Rahmen schaffen würde, der Rücknahmesysteme anreizt, höhere Sammelquoten als 45 % zu erreichen. „Offenbar fehlen uns hier die entsprechenden Kenntnisse über abfallwirtschaftliche Marktmechanismen“ schließt Chryssos, „jedenfalls können wir aktuell nicht erkennen, aus welchem ökonomischen Interesse heraus die Rücknahmesysteme in einem Preiswettbewerb höhere Sammelquoten mit höheren Kostenbelastungen für ihre Kunden anstreben sollten.“