NGOs: Künftige EU-Textilstrategie muss primär Re-Use und Sozialwirtschaft fördern

NGOs fordern von der EU-Kommission die Stärkung von Kreislaufwirtschaft und Sozialwirtschaft als Schlüssel zur Krisenresilienz der Textilsammlung.
Foto: Fritz Zühlke; pixelio.de

Die Coronakrise stelle Textilsammler vor große Herausforderungen. Eine Chance für künftig verbesserte Krisenresilienz bei gleichzeitiger Stärkung von Ressourcenschonung, Abfallvermeidung und sozialem Zusatznutzen sei die von der EU-Kommission im Circular Economy Action Plan angekündigte EU-Textilstrategie. 65 zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter vier aus Österreich – Ökobüro – Allianz der Umweltbewegung, SDG Watch Austria, Umweltdachverband und RepaNet, das österreichische Netzwerk für Re-Use- und Reparatur – haben hierzu Empfehlungen für eine kreislauffähige und faire Textilwirtschaft ausgearbeitet.

Der Circular Economy Action Plan (CEAP) besagt, dass die umfassende EU-Strategie für Textilien den Ausbau des EU-Markts für kreislauffähige Textilien, einschließlich des Marktes für die Wiederverwendung, beinhalten soll. Das Maßnahmenbündel soll u.a. die Förderung von Sortierung, Wiederverwendung und Regulierungsmaßnahmen wie erweiterte Herstellerverantwortung umfassen.

Wie eine solche Strategie aussehen sollte, wurde heute von der Zivilgesellschaft vorgestellt. Der Vorschlag einer „European Strategy for Sustainable Textile, Garments, Leather and Footwear“ für nachhaltige Textilien, Kleidung, Leder und Schuhe gehe auf Sorgfaltspflichten, Produktpolitik, Lieferkettenverantwortung, erweiterte Herstellerverantwortung („extended producer responsibility“ – EPR), öffentliche Beschaffung, Abfallrecht, neue Geschäftsmodelle und Handelspolitik ein.

Bis 2025 wird in der EU eine flächendeckende separate Sammlung von Textilien durch Herstellersysteme eingeführt. Um die Chancen dieser Entwicklung voll auszuschöpfen, braucht es allerdings weitere Regelungen. „Die EU-Textilstrategie bietet nun die Chance, durch einen konsequent zirkulären Ansatz negative Auswirkungen auf die Umwelt dauerhaft zu verringern und gleichzeitig die gemeinnützigen Sammler zu fördern. Deshalb bringen wir uns gemeinsam mit unserem EU-Dachverband RREUSE bereits jetzt aktiv in die Diskussion ein.“ erläutert Matthias Neitsch, Experte für Kreislaufwirtschaft und GF von RepaNet.

Besonders wichtig sei der Bereich der erweiterten Herstellerverantwortung: Wenn Textilproduzenten das End-of-Life-Management mitfinanzieren, könnten u.a. die nötigen finanziellen Ressourcen für Textilsammlung, Sortierung und Vorbereitung zur Wiederverwendung bereitgestellt werden. In Frankreich existiert bereits ein solches System.

„Der Aufbau eines funktionierenden und sich finanziell selbst tragenden Marktes für die Wiederverwendung wurde bis jetzt auf EU-Ebene und in Österreich politisch vernachlässigt. Richtlinien müssen sich hier an der geltenden Europäischen Abfallhierarchie orientieren und Re-Use prioritär vor Recycling behandeln. Wir appellieren an die österreichische Regierung sich aktiv dafür einzusetzen, dass möglichst viele unserer Vorschläge Eingang in die EU-Strategie finden.“ so Neitsch, der außerdem die Rolle der gemeinnützigen und sozialwirtschaftlichen Unternehmen in diesem Bereich betont: „Sie leisten seit Jahrzehnten Pionierarbeit, indem sie durch Textil-Re-Use eine hohe regionale Wertschöpfung erzielen, Ressourcen schonen und gleichzeitig die Schwächsten unserer Gesellschaft unterstützen und durch faire Arbeitsplätze fördern. Diese Leistung muss endlich gewürdigt und finanziell abgesichert werden – auch, um Krisenresilienz zu schaffen. Zurzeit spüren wir deutlich, wie wichtig das ist.“

Aktuell werde allen Textilsammlern in Österreich das Handling der Re-Use-Ware durch die Corona-bedingten Einschränkungen in der Sammlung, Sortierung und in der Weitergabe erheblich erschwert. Eine EPR-Regelung würde hier künftig ein Stück Resilienz schaffen. Aber um jetzt kurzfristig Druck aus der Situation zu nehmen, würden Privathaushalte aktuell angehalten, aussortierte, gut erhaltene Textilien vorerst zuhause zu lagern und erst nach Entspannung der Corona-Situation vorzugsweise an gemeinnützige Sammler zu spenden. „Damit wird neben dem ökologischen auch ein sozialer Zweck unterstützt.“ schließt Neitsch.

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