„Das geht schon sehr, sehr gut.“ Zufrieden schaut Projektleiter Gregor Zenkner auf das Szenario aus Rumpf, Schutthaufen und Landebahn. Ein erster Testlauf, bei dem die Anbaugeräte zum Einsatz kamen und sich am Material erprobten, verlief vielversprechend. Schon jetzt kann Zenkner einschätzen, dass der Zeitplan für den Rückbau von sportlichen fünf Tagen eingehalten wird. Das ist nicht nur dem Team zu verdanken, das seit einer Woche vor Ort ist und dessen Einsatz der Projektleiter immer wieder lobt, sondern auch den beiden Maschinen.
Das Zusammenspiel der Bagger fasziniert: Die Schrottschere des Hitachi ZX350 verbeißt sich in die Tragfläche, der Mehrschalengreifer des MHL350F reißt einige Meter weiter das Cockpit auseinander, greift Material, befüllt Container. Beide Anbaugeräte sind speziell für den Schrottumschlag entwickelt und sehr belastbar, worauf es hier und heute vor allem ankommt. Wo die Schere im Grunde durch rohe Kraft vernichtet, herrscht in den Bewegungen des fünfarmigen Mehrschalengreifers von Fuchs ein steter Fluss.
Projektleiter Zenkner ist beeindruckt, wie gut sich die Maschinen ergänzen. „Wir brauchen hier unbedingt die Kombination aus Umschlagmaschine für das Räumen und Befüllen und einer Maschine, die die Zerlegung stemmt“, erläutert er den Grund, warum der MHL350F und der ZX350 für den Job ausgewählt wurden. Und tatsächlich, im ergänzenden Miteinander wirken die Bagger wie Brüder im Geiste. „Dass mit dem Umschlagbagger sogar ein Teil des Flugzeugs zerlegt wird, ist auch für uns neu,“ grinst Zenkner. Bisher war diese Arbeit dem ZX350 und der Schrottschere vorbehalten. Keine Frage, der Zeitplan profitiert von diesem Umstand.
Ein enervierender Lärmpegel aus Brechen, Klirren und Stöhnen begleitet die Arbeiten, als der Vogel weiter rückgebaut wird. Gerade die Schere wird einer hohen Belastung ausgesetzt, da es sich bei den Tragflächen um einen ungewohnten Material-Mix handelt. Von weichem Aluminium über stabile Schichten bis zu spröden Teilen, die beim Brechen wie Schrapnelle durch die Luft fliegen, ist die Bandbreite des Kraftakts bei einem täglichen Einsatz von zehn Stunden für den ZX350 außergewöhnlich hoch.
Nicht anders ergeht es der Fuchs Maschine, die in ihren Abläufen vor allem schnell sein muss. Der drei Meter breite Unterwagen des MHL350F gewährt einen festen Stand, sodass die Maschine in ihren Abläufen sicher und effizient arbeiten kann. Der Umschlagbagger mit der Gewichtsklasse von 36 t fährt hier seinen ersten Einsatz, während der Hitachi ZX350 mit 3.500 Arbeitsstunden und guten 2,5 Jahren einen erfahrenen Abbruchhelfer darstellt. Ein räumlich getrenntes Kühlsystem schützt den MHL350F vor Überhitzung. Große Kühler und direkter Luftdurchsatz sorgen für eine effiziente Kühlleistung. Dass auch die Fahrerkabine eine Klimaanlage aufweist, ist bei den vorherrschenden Temperaturen ein Segen.
End-of-Life Management
Vor fünf Jahren sind die beiden Maschinen auf dem Flughafen Schwerin-Parchim gelandet. Als flugunfähig eingestuft, harrten die Objekte ihrer Entsorgung. Der Airport ging Anfang 2019 insolvent, der Betrieb steht seitdem still. Nicht weniger als 50 Sattelzüge werden in den nächsten Tagen die Einzelteile beider A340-600 mit einem Gesamtgewicht zwischen 220 und 250 t zum Hamburger Hafen transportieren. Die vorsortieren Mischschrotte werden dort maschinell homogenisiert, nach Legierungen sortiert sowie Störstoffe aus dem Warenstrom separiert. Damit können die metallischen Fraktionen wieder als Rohstoff verwendet werden. Die Reststoffe werden energetisch verwertet.
„End-of-Life Management“ nennt sich der Prozess, bei dem sämtliche hochwertigen Teile eines Entsorgungsobjekts bewertet und fachgerecht ausgebaut werden. Die Unternehmen Cronimet und More Aero sind Spezialisten auf diesem Gebiet. Um dem Faktor Nachhaltigkeit zu entsprechen, ist die Separierung von wiederverwertbaren Materialien der entscheidende Faktor. Wo es zugänglich war, fand auf dem Gelände eine manuelle Vorreinigung der Flugobjekte von Stör- und Schadstoffen statt, bevor der eigentliche Rückbau beginnen konnte.
Die inhabergeführte Cronimet Holding recycelt seit 1980 Rohstoffe für die edelstahlerzeugende Industrie und hat sich in den letzten Jahren auf Schrotte aus der Luftfahrt spezialisiert. Der Entsorgungsfachbetrieb gewährleistet, dass einzelne Komponenten – zum Beispiel Triebwerksteile oder Fahrwerke –, die ihren Lebenszyklus überschritten haben, nicht auf dubiosen Wegen in den Markt zurückgelangen. „Man sieht den Teilen nicht unbedingt an, dass sie in die Jahre gekommen sind“, erklärt Business Development Manager Zenkner die Herausforderung. Um die Zweitverwertung auszuschließen, erfüllt das Familienunternehmen höchste Auflagen und lässt sich diese Expertise zertifizieren.
Ein lautes Krachen, das Heck des Airbus geht zu Boden. Der nächste Abschnitt ist geschafft. Trotz einer Außentemperatur von 35 Grad arbeitet das Team konzentriert und stetig weiter. Genau wie der MHL350F und der ZX350 zeigen die Männer keine Ermüdungserscheinungen, es läuft einfach zu gut. „Die Fuchs-Maschine war pünktlich vor Ort und in einem super Zustand“, lobt Zenkner die Zuverlässigkeit des Systempartners Kiesel. Mit Günther Breyer, dem Geschäftsführer der Kiesel-Süd, verbindet Cronimet eine feste Zusammenarbeit. Bereits seit Gründung der Cronimet ist Kiesel für das Familienunternehmen der erste Ansprechpartner, wenn es um Maschinentechnik geht. Die nachhaltige Entsorgung der beiden Airbusse auf dem Flugplatz Schwerin-Parchim ist ein weiteres Kapitel dieser Erfolgsgeschichte.