In Abhängigkeit von den Bedingungen vor Ort können ältere Anlagen durch leistungsstärkere und effizientere Neuanlagen, die einen höheren Ertrag am Standort erlauben, ersetzt werden (sog. Repowering). Auch ein Weiterbetrieb von Anlagen kann in Frage kommen, wenn technisch und wirtschaftlich möglich. Voraussichtlich ist ab 2021 mit einem verstärkten Rückbau zu rechnen. Hierfür gibt es bislang wenig Erfahrung. Das Umweltbundesamt (UBA) hat deshalb in einem umfangreichen Forschungsprojekt den Stand der Technik untersucht, Recyclingmengen berechnet und die Finanzierung betrachtet. Dabei zeigt sich: Es drohen Engpässe, bei den Recyclingkapazitäten für die faserverstärkten Kunststoffe der Rotorblätter und Risiken für Mensch und Umwelt beim unsachgemäßen Rückbau. Zudem könnten die Rückstellungen der Betreiber für den Rückbau nicht ausreichen.
Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes: „Bund und Länder sollten zügig Leitlinien für den Rückbau von Windenergieanlagen erarbeiten. Wir brauchen klare Vorgaben für Rückbauumfang und Rückbaumethoden, um Mensch und Umwelt zu schützen und die Materialien wertvoll zu recyceln.“
Die Rückbauprognose hat die zu erwartenden Abfallmengen beim Rückbau ab 2021 berechnet. Dabei wurde von einer durchschnittlichen Lebensdauer einer Anlage von 20 Jahren ausgegangen – und die Möglichkeit des Weiterbetriebs nicht berücksichtigt. Bei dieser Annahme werden vor allem Beton (maximal 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr) und Stahl (knapp eine Millionen Tonnen pro Jahr) beim Rückbau anfallen, aber auch Kupfer und Aluminium. Diese Mengen sind durch die bestehende Recyclinginfrastruktur jedoch gut zu verarbeiten. Ungewissheit gibt es beim zukünftigen Recycling der Rotorblätter. Hier fallen laut Prognose vor allem ab 2024 relevante Mengen an (maximal gut 70.000 Tonnen pro Jahr). Sie sind bislang jedoch schwer zu verwerten. In Deutschland besteht bislang eine einzige Verwertungsanlage für GFK/CFK-Abfälle. Die Studie empfiehlt daher unter anderem auch zu prüfen, ob die Einführung spezifischer Elemente einer abfallwirtschaftlichen Produktverantwortung für Rotorblätter zur Schaffung zusätzlicher Verwertungskapazitäten sinnvoll sein könnte.
Betreiber von WEA müssen für den Rückbau Rücklagen bilden. Die Studie hat auch die zu erwartenden Kosten für den Rückbau berechnet. Dabei zeigt sich, dass vor allem ab Mitte der zwanziger Jahre erhebliche Finanzierungslücken bevorstehen: Für das Jahr 2038 wird eine Lücke von über 300 Millionen Euro prognostiziert. Die Studie empfiehlt daher, die Berechnungsgrundlage für die Rücklagen zu überprüfen und die Rücklagen regelmäßig von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen zu lassen, ob sie noch dem Stand der Technik und den zu erwartenden Kosten entsprechen.
Die Studie untersucht auch, welche Regelungen beim Rückbau von Windenergieanlagen gelten sollten. Während eines Rückbaus haben Umwelt-, Arbeits- und Lärmschutz eine hohe Priorität. Bei der Außerbetriebnahme und der Entnahme von Betriebsflüssigkeiten und -gasen muss entsprechende Sachkunde vorliegen. Der Rückbau sollte grundsätzlich sequenziell erfolgen – Sprengungen oder Verfahren mittels Abrissbirne sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Fundamente, Kabeltrassen und Wege sind möglichst vollständig rückzubauen. Bei Sägearbeiten vor Ort sollte die Staubelastung für Mensch und Umwelt durch Einhausungen sowie Auffangen von staubbelastetem Wasser minimiert werden.
Die Vielzahl der unterschiedlichen Anlagenmodelle und -standorte macht es nicht möglich, ein einziges und einheitliches Konzept für den Rückbau von WEA zu erarbeiten. Die Studie empfiehlt daher Maßnahmen, welche einerseits den hohen ökologischen Standard der Branche sichern und andererseits weitgehend technologieoffen Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Sie fasst somit Rahmenbedingungen zusammen und bietet Orientierung für die mit dem Rückbau und Recycling betrauten Betreiber, Unternehmen sowie die überwachenden Behörden.