Pulverförmige Produkte mit Titandioxid sollen nach dem Willen der Brüsseler Kommissare künftig eingestuft und gekennzeichnet werden. Titandioxid wird in der Kunststoffverarbeitung insbesondere als Farbpigment eingesetzt. Verbraucher von Kunststoffprodukten kommen mit Titandioxid in Pulverform nicht in Kontakt, da das Farbpigment in eine feste Kunststoffmatrix eingebunden ist.
„Titandioxid wird seit Jahrzehnten in der Industrie sicher verarbeitet. Wenn Produkte, die ungefährlich sind, als gefährlich gekennzeichnet werden, wird der Verbraucher die Kennzeichnung über kurz oder lang nicht mehr ernstnehmen“, so Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV).
Mit ihrem Alleingang setze sich die Europäische Kommission sowohl über die Mehrheit der wissenschaftlichen Fachmeinungen als auch über das Votum der Mehrheit der Experten der Mitgliedsstaaten, die die Einstufung noch am 18. September 2019 abgelehnt hatten, hinweg. Eine von der Wirtschaft geforderte Folgenabschätzung habe die Europäische Kommission ihrerseits abgelehnt.
Zahlreiche Unternehmen und Verbände betroffener Wirtschaftskreise hatten die Brüsseler Einstufungspläne für Titandioxid im Vorfeld kritisiert und einen europaweit gültigen Arbeitsplatzgrenzwert für Stäube, der in Deutschland bereits gilt, als geeignetere Maßnahme vorgeschlagen. Mit Titandioxid wird erstmals ein Stoff nicht aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften, sondern aufgrund des stoffunspezifischen Staubpartikeleffekts eingestuft.
Schwerwiegende Folgen könnte die Einstufung für den Recycling- und Abfallbereich haben: Produkte, die mehr als ein Prozent Titandioxid enthalten, müssten künftig als gefährlicher Abfall behandelt werden. Eine aktuelle Studie der Kunststoffindustrie, der Pigmenthersteller und der Recycler zeigt, dass in Deutschland etwa 400.000 Tonnen Kunststoffe wegen der Einstufung in Zukunft absehbar nicht mehr recycelt werden könnten.
„Die Einstufung von Titandioxid bringt nicht nur keinen Nutzen für Verbraucher und Arbeitnehmer, sie droht sogar der Ressourceneffizienz und der Kreislaufwirtschaft erheblich zu schaden“, so Möllenstädt weiter.