Seit März 2019 analysieren die Wissenschaftler Recyclingsysteme in Nachbarländern, untersuchen die Kosten und den ökologischen Fußabdruck und stellen Modellrechnungen an, um die künftig anfallenden Menger alter Batterien abschätzen und die passende Strategie empfehlen zu können.
Der Markt wächst
Derzeit seien etwa 40.000 Elektroautos und Plug-in-Hybride mit Lithium-Ionen-Akkus auf Schweizer Strassen unterwegs. Das entspricht zwar nur etwa einem Prozent der gesamten Fahrzeugflotte, doch sei alleine im ersten Quartal 2019 der Anteil bei den Neuzulassungen auf 5,3 Prozent gestiegen. Zudem würden einige Modelle erst in diesem Jahr auf den Schweizer Markt kommen.
Drei Verfahren zur Auswahl
Empa hat bisher drei verschiedene Verfahren zur Behandlung der Batterien identifiziert. Das beherrschende Verfahren für Lithium-Ionen-Batterien sei die heiße Verwertung, bei der die Batterien in einem Ofen verbrannt und anschließend vermahlen werden. Bei der heißen Verwertung würden die dünnen Kupferfolien der Batterie schmelzen und gemeinsam mit Kobalt und Nickel eine Legierung bilden, die wiederverwertet werden kann. Das Lithium, das Graphit, der flüssige Elektrolyt und das Aluminium in der Batterie verbrennen jedoch und landen in der Schlacke. Relativ neu sei Kaltschredderverfahren der Firma Düsenfeld. Hier werden die Akkus zunächst vollständig entladen und dann in einem luftdicht abgeschirmten Schredder zerkleinert, der mit Stickstoff geflutet wird. So wird sichergestellt, dass keine Brände entstehen. Die brennbare Elektrolyteflüssigkeit wird verdampft und abgepumpt, bevor das Pulver entnommen wird. So sollen 96 Prozent der Materialien zurückgewonnen werden können. Darüber hinaus will Empa auch das Verfahren der Schweizer Batrec Industrie AG analysieren, die manche Akkus in nassem Milieu schreddert, um Brände zu vermeiden.
Transport bleibt ein Problem
Bei der Suche nach dem besten Recyclingsystem gehe es jedoch nicht nur um die Zerkleinerung, sondern auch um den Aufbau einer Lieferkette. „Antriebsbatterien von Unfallfahrzeugen können unvermittelt brennen und müssen bis jetzt als Gefahrgut in speziellen Behältern transportiert werden“, erklärt Daniel Christen, Geschäftsführer der Stiftung Auto-Recycling Schweiz. „Das ist aufwändig und teuer.“ Eine Alternative könnte die „Firebox“ eines niederländischen Herstellers, die von Bluebox Trading in die Schweiz importiert werde. Die Firebox sei ein Frachtcontainer mit eingebauter Feuerlöschanlage, die ein ganzes Auto oder mehrere noch nicht vollständig entladener Akkus aufnehmen könne.
Zudem müssten auch die Spediteure und Autoverwerter geschult werden, damit alte Elektroautos nicht gefährlich werden können. Schon heute existiere eine Datenbank für Rettungskräfte mit den entsprechenden Informationen. Auf einem Tablett wird die eine Kontrollnummer eingegeben und die Rettungskräfte erhalten die Informationen, ob es sich um ein Elektrofahrzeug handelt und wie die die Batterie vom Stromnetz des Wagens getrennt werden muss. Mit Hilfe dieser Informationen könnten Elektroautos auch gefahrlos zerlegt werden.
Markt und Rahmen müssen stimmen
Darüber hinaus blieben noch viele Fragen offen, etwa nach der Entwicklung des Marktes für gebrauchte Antriebsbatterien. Unklar sei auch, ob Akku-Pakete künftig mit neuen Modulen versehen und wieder in den Verkauf gebracht werden könnten. Auch ein zweites Leben für die Akkus als Stromspeicher sei denkbar. Unabhängig davon sei auch unklar, ob die Schweiz überhaupt größere Recyclingkapazitäten brauche, wenn etwa die Fahrzeughersteller die Batterien selber einsammeln und verwerten würden. Ein wirtschaftliches Recycling sei zudem von den Marktpreisen für Lithium, Kobalt, Nickel und Graphit sowie von den politischen Rahmenbedingungen abhängig. Die technischen Lösungen, so die Empa-Wissenschaftler, seien im Wesentlichen vorhanden.