Die Hauptursachen der angespannten Situation im Bereich Gewerbeabfälle liegen nicht primär im chinesischen Importstopp oder gar der Privatisierung der Gewerbemüllentsorgung, sondern an viel grundlegenderen Entwicklungen:
- Das anhaltende Wirtschaftswachstum führt zu jährlichen Steigerungsraten beim Gewerbe- und Hausmüll von zwei bis drei Prozent.
- Von den deutschen Müllverbrennungsanlagen (MVA) werden insgesamt auf Ba-sis langfristiger Verträge jährlich über eine Million Tonnen Abfälle aus dem EU-Ausland importiert.
- Neue Düngeverordnung: 2/3 der landwirtschaftlichen Verwertungsflächen ste-hen hierdurch der Klärschlammverwertung nicht mehr zur Verfügung, was zu-sätzliche Mengen für die MVA bedeutet.
- Die bayerischen MVA sind im Durchschnitt vergleichsweise alt, was zu ver-mehrten Reparaturen und entsprechenden Stillstandszeiten führt.
Der BR-Beitrag behauptet, in der Vergangenheit hätte Deutschland jahrelang statt hochwertigen Wertstoffen „unseren Restmüll“ nach Asien exportiert. Fakt ist: Der Restmüll aus privaten Haushalten landet in Bayern in den von den Kommunen betriebenen Müllverbrennungsanlagen. Vielmehr wurden bis zum chinesischen Importstopp Sekundärrohstoffe (v.a. Kunststoffabfälle, Altpapier und Schrott) aus China nachgefragt. Vor dem Importstopp wurden 2017 mit 345.903,1 Tonnen etwa 5,5 Prozent der getrennt erfassten Kunststoffabfälle aus Deutschland in die Volksrepublik China exportiert – eine im Verhältnis betrachtet überschaubare Menge.
quer sieht zudem die Ursache für die mangelnden Kapazitäten der kommunalen Müllverbrennungsanlagen in der Privatisierung der Entsorgung von Gewerbemüll. Fakt ist: Ohne das Engagement der Privatwirtschaft beim Ausbau der getrennten Erfassung und Sortierung wäre ein Entsorgungsengpass im Gewerbeabfall bereits viel früher eingetreten. Die private Entsorgungswirtschaft betreibt in Deutschland ca. 90 % der Sortier- und Recyclinganlagen. Unsere Mitgliedsunternehmen beraten ihre Kunden, um die Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung zur getrennten Erfassung umzusetzen. So soll ein möglichst hoher Anteil dem Recycling zugeführt werden.
Der VBS fordert ein umfassendes Maßnahmenpaket, um der angespannten Situation zu begegnen und die MVA zu entlasten:
- die Biotonne flächendeckend in ganz Bayern einführen, so wie dies das Kreis-laufwirtschaftsgesetz seit 2015 vorschreibt;
- landwirtschaftliche Betriebe verpflichten, Plastikfolien wiederzuverwenden;
- die Abholungsmechanismen für Altpapier optimieren (größere Tonnen oder ein engerer Abholrhythmus);
- das Inverkehrbringen von Einweg-Bechern (Coffee to go Becher) und Kunst-stoffdeckeln verteuern oder gar verbieten;
- Verkaufsverpackungen in der Landeshauptstadt München erfassen: Depotcontainer durch haushaltsnahe Erfassung ersetzen (gelber Sack/gelbe Tonne);
- Abfälle, die an MVA geliefert werden, konsequent vorsichten;
- eine Vorsortierung für Sperrmüll einführen;
- die Revisionen der bayerischen MVA unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der gewerblichen Wirtschaft koordinieren;
- behördliche Genehmigungen für Entsorgungsunternehmen zur Absteuerung von Mengen in eine Verwertungsanlage im EU-Ausland (+Schweiz) schnell erteilen;
- Investitionen in neue Abfallbehandlungsanlagen zügig positiv bescheiden;
- prüfen, ob weitere Zwischenlager genehmigt werden können;
- mögliche Zwischenlagerungen über einen Zeitraum von über einem Jahr hinaus prüfen.