Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Das Zusammenschlussvorhaben hätte zu einer erheblichen Behinderung des Wettbewerbs bei den dualen Systemen geführt. Zu befürchten wären höhere Kosten für DSD-Wettbewerber, erhebliche Marktanteilsgewinne von DSD und letztlich höhere Preise bei der Entsorgung von Verpackungen. Darüber hinaus kommen die beiden Unternehmen im Bereich Altglasvermarktung auf bedenkliche gemeinsame Marktanteile von 40 bis 60 Prozent. Die von den Unternehmen angebotenen Zusagen waren nicht geeignet, die wettbewerblichen Bedenken auszuräumen.“
Das Zusammenschlussvorhaben betreffe vor allem die Entsorgung von Verkaufsverpackungen privater Haushalte sowie die Vermarktung aufbereiteter Glasscherben aus Hohlglasbehältern (wie z.B. Getränkeflaschen oder Konservengläser) an Glashütten.
Verändertes unternehmerisches Kalkül
Mundt: „Durch den Zusammenschluss würde sich das unternehmerische Kalkül des fusionierten Unternehmens Remondis/DSD ändern. Die Dualen Systeme wie DSD schreiben Vorleistungen wie die Sammlung von Verpackungsabfällen aus. Entsorgungsunternehmen bewerben sich dann um diese Aufträge. Remondis als Entsorgungsunternehmen hätte nach einer Fusion einen Anreiz, seine Preise für die Sammlung, Sortierung und Aufbereitung für die Wettbewerber von DSD höher anzusetzen als vor der Fusion, um die Wettbewerber gegenüber dem eigenen Unternehmen DSD zu benachteiligen. Mit dieser Strategie, die Preise für die Wettbewerber von DSD zu erhöhen (raising rivals‘ costs) könnte Remondis/DSD dann erhebliche Marktanteile hinzugewinnen, Wettbewerber verdrängen und letztlich höhere Preise auf dem Markt für duale Systeme durchsetzen. Diese müssten ganz am Ende die Verbraucher über höhere Preise für die Verpackungen tragen.“
Weiterhin könnte DSD sein erhebliches Nachfragevolumen künftig zur Verdrängung von Remondis-Wettbewerbern einsetzen. DSD hat aufgrund seines hohen Marktanteils bei den Herstellern, Importeuren und Händlern einen hohen Zugriff auf die Verpackungsmengen, die zur Sortierung, Aufbereitung und Verwertung anstehen. Diese Abfallmengen könnte das fusionierte Unternehmen Remondis/DSD zur weiteren Verarbeitung in Remondis-Anlagen umleiten und verbleibende Unteraufträge an Wettbewerber strategisch einsetzen.
Darüber hinaus seien beide Unternehmen in der Vermarktung von aufbereiteten Hohlglasscherben tätig. Ein Zusammenschluss würde auf diesem Markt zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung führen. Die beiden Unternehmen kämen hier auf gemeinsame Marktanteile von 40 bis 60 Prozent.
Zusagen nicht ausreichend
Mitte April hatte das Bundeskartellamt den Zusammenschlussbeteiligten mitgeteilt, dass es das Vorhaben kritisch sieht. Remondis und DSD haben in Reaktion auf die Abmahnung des Bundeskartellamtes Zusagen angeboten, die die Veräußerung von zwei Anlagen zur Altglasaufbereitung sowie weitere Zusagen umfassten, die das künftige Verhalten der Unternehmen betrafen. Diese Zusagen seien jedoch in der Gesamtbewertung weder geeignet noch ausreichend gewesen, um die wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes auszuräumen. Die auf das künftige Verhalten der Unternehmen bezogenen Zusagen wären darüber hinaus zum Teil von einer Zustimmung anderer dualer Systeme abhängig gewesen. Generell gilt hingegen, dass Zusagen, die eine fortlaufenden Verhaltenskontrolle notwendig machen würden, bereits von Gesetzes wegen nicht zur Beseitigung wettbewerblicher Bedenken vorgesehen sind (§ 40 Abs. 3 Satz 2 GWB).
Die Untersagung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, innerhalb eines Monats beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen.
bvse begrüßt Entscheidung
„Wir begrüßen die Entscheidung des Bundeskartellamtes. Es ist richtig, die Übernahme der DSD GmbH durch Remondis zu untersagen. Eine andere Entscheidung hätte die Funktionsfähigkeit des Marktes im Bereich der Verpackungsentsorgung empfindlich gestört und wäre zu Lasten des Mittelstandes in der Branche und der Verbraucherinnen und Verbraucher gegangen“, erklärte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock.
Die Entscheidung des Bundeskartellamtes zeige, dass der Tatsachenvortrag und die rechtliche Wertung von Remondis und der DSD GmbH nicht geeignet waren, die bekanntgemachte wettbewerbliche Würdigung des Bundeskartellamtes zu entkräften. Nach Meinung des bvse habe das Bundeskartellamt seiner Bewertung den gesetzlichen Prüfungsmaßstab in zutreffender Weise zugrunde gelegt und die gebotenen Darlegungs- und Beweisanforderungen beachtet. „Wir gehen daher davon aus, dass das Bundeskartellamt auch bei einer eventuell anstehenden Überprüfung durch den zuständigen Kartellsenat des Oberlandesgerichtes Düsseldorf gute Chancen hat sich durchzusetzen.“
Die Untersagung des Zusammenschlusses ermögliche fairen Wettbewerb auf dem Markt der Verpackungsentsorgung, so die Einschätzung des Verbandes. Eine Übernahme der DSD GmbH durch Remondis hätte diesen Wettbewerb massiv behindert und weitere erhebliche Negativ-Auswirkungen auf die gesamte Entsorgungsbranche mit sich gebracht.