BDE-Präsident Peter Kurth: „Wir brauchen jetzt ein tatkräftiges Handeln aller Akteure von Bund, über Länder bis in die Kommunen, von Rechnungshöfen und Finanzaufsicht. Nachhaltige Beschaffung muss in allen Verwaltungen Chefsache werden. Das Thema muss ressortübergreifend gedacht werden. Nachhaltigkeit ist kein Nischenthema für die jeweiligen Umweltpolitiker. Der schon lange bestehende Rechtsrahmen zur „Umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung“ muss endlich ausgenutzt werden.“
Kurth verwies darauf, dass das erste Rechtsgutachten des Umweltbundesamtes zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung aus dem Jahr 2008 stamme – damals hatte das UBA die Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien aus dem Jahr 2004 in deutsches Recht untersuchen lassen. Kurth: „Schon in den Jahren 2012, 2014 und 2017 fanden Aktualisierungen des Rechtsgutachtens statt. Spätestes mit der nun erfolgten Aktualisierung 2019 sollte allen klar sein: Der Rechtsrahmen ist umfassend ausgeleuchtet. Es ist Zeit, den vielfachen Evaluierungen auch Taten folgen zu lassen. Die vom Gesetzgeber geschaffenen PS müssen nun von der Verwaltung auch endlich auf die Straße gebracht werden.“
Das jetzt veröffentlichte UBA-Gutachten sieht u.a. Nebenangebote als eine gute Möglichkeit für öffentliche Beschaffungsstellen, umweltfreundliche Varianten in das Verfahren einzubeziehen. Bei Auftragswerten oberhalb der EU-Schwellenwerte sind Nebenangebote allerdings nur dann zulässig, wenn die öffentliche Beschaffungsstelle sie ausdrücklich zugelassen hat. Zudem muss die öffentliche Beschaffungsstelle in diesem Fall die Mindestanforderungen an die Prüfung und Wertung der von ihm zugelassenen Nebenangebote in den Vergabeunterlagen benennen.
In einer konzentrierten Aktion wirbt der BDE seit einem Jahr intensiv bei den öffentlichen Händen für eine stärkere Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Vergabe von Aufträgen. Insbesondere Recyclingrohstoffe wie Kunststoffrezyklate oder Recyclingbeton – in der öffentlichen Beschaffung auch bekannt als Green Public Procurement – müssen aus Sicht des BDE stärker zum Einsatz kommen. Nach Ansicht des Verbandes werden jedoch nur konkrete Umsetzungspläne und Maßnahmen der öffentlichen Hand für einen Schub beim Green Public Procurement sorgen. Der BDE wirbt daher bei Entscheidern in Bund und Land dafür, dass Beschaffungsstellen künftig in Einzelfällen begründen müssen, warum sie Primärrohstoffe bei der Beschaffung bevorzugen.
BDE-Präsident Kurth: „Die öffentliche Hand ist der entscheidende Treiber beim Einsatz von Recyclingrohstoffen – sei es als Rezyklate in Produkten oder als Ersatzbaustoffe bei Bauprojekten. Zwar eröffnet das europäische Vergaberecht große Chancen für die nachhaltige öffentliche Beschaffung. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen zum Green Public Procurement haben in vielen EU-Mitgliedstaaten, auch in Deutschland, aber kaum etwas bewirkt; die Chancen bleiben ungenutzt. Klare Kriterien für die Lieferantenauswahl unter Nachhaltigkeitsaspekten tun not. Nur so wird die Rohstoffwende auch in den Köpfen gelingen.“
Schon heute statuiert § 97 GWB zu den Grundsätzen der Vergabe, dass bei der Vergabe umweltbezogene Aspekte berücksichtigt werden. Auch § 45 KrWG (Pflichten der öffentlichen Hand) fordert unter anderem, dass die Behörden des Bundes bei der Beschaffung von Material und Gebrauchsgütern und Bauvorhaben zu prüfen haben, ob und in welchem Umfang Erzeugnisse eingesetzt werden können, die durch Vorbereitung zur Wiederverwendung oder durch Recycling aus Abfällen hergestellt worden sind. Ähnliche Regelungen finden sich auch in den jeweiligen Gesetzen der Bundesländer.