„Wir nutzen für unsere Verpackungen 100 Prozent Altplastik, dabei zu 20 Prozent aus dem Gelben Sack – im Biomarkt findet man solche nachhaltigen Verpackungen leider nur selten“ – mit dieser Aussage provoziert Timothy Glaz, Leiter Corporate Affairs bei Werner & Mertz, in Nürnberg auf der Biofach, der Weltleitmesse für Biolebensmittel.
Der Satz fiel im Rahmen der Podiumsdiskussion mit dem Titel „Plastic Planet? Wie steht es um Verpackung und Recyclingfähigkeit im Biomarkt“ vom Verband UnternehmensGrün, der sich als politische Stimme der nachhaltigen Wirtschaft versteht. Moderiert von Dr. Katharina Reuter, stellten die UnternehmensGrün-Mitglieder Glaz sowie Martina Merz (merz punkt), Dr. Annett Kaeding-Koppers (akk-INNOVATION) und Sascha Rieth (Bio-Company) ihre Ansichten zum Thema nachhaltige Verpackungen vor.
Glaz warb bei der Biobranche um Mitstreiter. Es solle neben dem Fokus auf nachhaltige Rezepturen auch auf nachhaltigere Plastikverpackungen Wert gelegt werden. Damit künftig nicht weiterhin Verpackungen mit einer nachweislich ebenso schlechten Ökobilanz wie konventionelles Plastik als umweltfreundlicher Lösungsansatz verkauft werden, beispielsweise Bio-Plastik oder kompostierbare Verpackungen. Bei letzterem waren sich alle Podiumsteilnehmer einig, dass es sich hierbei um keine nachhaltige Verpackung handelt. „Das ist Augenwischerei! Kompostierbares Plastik erschwert die Sortierung der Wertstoffe, wird nicht als kompostierbares Plastik erkannt, als Ausschluss definiert, aussortiert und am Ende doch verbrannt“, so Glaz.
Die Lösung: Hochwertige Kreisläufe schaffen
Stattdessen wirbt er für den Lösungsansatz von Werner & Mertz, die mit ihrer Marke Frosch auch mit einem Messestand auf der Biofach vertreten sind: Der Reinigungsmittelhersteller aus Mainz hat 2012 die Recyclat-Initiative ins Leben gerufen und setzt sich dafür ein, Plastik als Wertstoff nach der Verwendung erneut hochwertig aufzubereiten und wiederzuverwenden – so kann aus einer Spülmittelflasche theoretisch immer wieder eine Spülmittelflasche werden. Und Werner & Mertz beweist, dass dieser Ansatz praxistauglich ist: Bislang hat das Unternehmen über 240 Millionen Plastikflaschen aus Altplastik hergestellt. „Unsere Initiative ist bewusst als Open Innovation angelegt. Wir wünschen uns sehr, dass wir weitere Mitstreiter finden, auch aus der Biobranche“, betont Glaz.
Design for Recycling-Ansatz
Doch nicht nur beim Einsatz von Recyclat, sondern schon bei der Recyclingfähigkeit von Verpackungen im Biomarkt gibt es bereits Optimierungsbedarf. Die Podiumsteilnehmer berichten beispielsweise von Verpackungen, die scheinbar umweltfreundlich mit Papier verpackt sind – aber dann doch auch eine notwendige Plastikschicht enthalten und so als Verbundwerkstoff nur noch schlecht oder gar nicht mehr zu recyceln sind. „Wir entwickeln unsere Verpackungen nach dem Design for Recycling-Ansatz, das heißt wir achten darauf, dass unsere Verpackungen zu hochwertigem Recyclat verarbeitet werden können“, erläutert Glaz.
Als jüngstes Beispiel stellte er einen vollständigen recycelfähigen Standbodenbeutel mit abnehmbarer Banderole vor, den Werner & Mertz zusammen mit dem global agierenden Verpackungs- und Papierunternehmen Mondi und weiteren Partnern entwickelt hat. Sowohl der Beutel, als auch die Ausgießöffnung und der Deckel bestehen aus einem Stoff, nämlich Polyethylen. Bei solch einem Produkt aus Monomaterial erhält man nach dem Recycling im Endeffekt ein Recyclat in nahezu gleicher Qualität wie das Ausgangsmaterial.
Forderung nach Preisanreizen für den Einsatz von Post-Consumer-Recyclat
Bei einem weiteren Thema stimmten alle Podiumsteilnehmer überein: Nachhaltige Verpackungen und Recyclingfähigkeit sind ein gesamtgesellschaftliches Thema und es bedarf gesetzlicher Vorgaben, um die Umsetzung voranzutreiben. „UnternehmensGrün möchte sich auf politischer Ebene dafür einsetzen, Preisanreize für die Verwendung von Recyclat durchzusetzen“, so Reuter. Denkbar sei beispielsweise eine Senkung der Mehrwertsteuer.