Aktuelle Untersuchungen europäischer Teppichböden durch die Vrije Universiteit Amsterdam (Niederlande), das Ecology Center (USA) und die Notre Dame University (USA) belegen nach Angaben der DUH hormonaktive, krebsverdächtige und die Fruchtbarkeit beeinträchtigende Chemikalien. Weil Teppichböden weich, fleckenresistent und farbig sein sollen, würden diese häufig chemisch behandelt werden. Angesichts der besorgniserregenden Studienergebnisse fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein Verbot gesundheitsgefährdender Chemikalien in Teppichböden und die Einführung des Prinzips der Produktverantwortung für Hersteller. Nur so ließe sich der Gesundheitsschutz der Verbraucher und der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft sichergestellen.
Im Auftrag der Changing Markets Foundation (CMF) wurden fünfzehn Teppichböden der acht Hersteller Interface, Tarkett, Milliken, Forbo, Balta Group, Beaulieu International Group, Donkersloot und Associated Weavers untersucht. Überprüft wurde das Vorhandensein antimikrobieller Substanzen, von Bisphenol A, Flammschutzmitteln, fluorierten Fleckschutzmitteln, Isocyanaten, Nonylphenol, Phthalaten und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Bei der Analyse wurden in zwölf von fünfzehn Teppichböden Schadstoffe, wie zum Beispiel Diethylhexylphthalat (DEHP), perfluorierte Verbindungen (PFAS) oder das Flammschutzmittel Tris(1,3-dichlorisopropyl)phosphat (TDCPP) nachgewiesen. Nur drei Teppichböden beinhalteten keine der untersuchten Schadstoffe.
„Schadstoffe in Teppichböden sind ein Problem und haben dort nichts zu suchen. Chemikalien, die die Gesundheit der Verbraucher gefährden können, müssen verboten werden. EU-weit verbotene Substanzen dürfen nicht in Recyclingmaterialien zugelassen sein, sodass sie den Weg in Produkte finden können, mit denen Verbraucher fast täglich in Kontakt kommen. Substanzen, die in Kinderspielzeug reguliert sind, müssen auch in Teppichböden, denen Kinder beispielsweise beim Krabbeln besonders intensiv ausgesetzt sind, ebenso gesetzlich geregelt werden“, fordert Barbara Metz, Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin. Sie empfiehlt Verbrauchern auf den Blauen Engel zu achten. Dem Siegel liegen die strengsten Anforderungen beim Einsatz von Chemikalien zugrunde. Außerdem muss das europäische Chemikalienregister REACH angepasst und Widersprüche der europäischen Chemikalienpolitik aufgehoben werden.
Die EU-Kommission muss nach Ansicht der DUH dringend Regelungslücken schließen und die Schadstofffreiheit von Neuware und Recyclingmaterialien gleichermaßen vorschreiben. Dazu Metz: „An Neu- und Recyclingmaterial müssen im Sinne des Umwelt- und Gesundheitsschutzes dieselben Anforderungen gestellt werden. Die Deutsche Umwelthilfe fordert auch deshalb das Prinzip der Produktverantwortung für Hersteller.“ Dies bedeutet, dass Hersteller von Teppichböden zukünftig für eine umweltfreundliche Entsorgung der von ihnen in Verkehr gebrachten Produkte verantwortlich sind. Dazu gehören für die DUH der Aufbau eines flächendeckenden Sammelsystems, die Schadstofffreiheit und Recyclingfähigkeit von Teppichböden sowie der Aufbau von Recyclingkapazitäten dazu. Bislang werden fast alle Teppichböden in Deutschland nach ihrem Lebensende verbrannt. Jährlich fallen allein in Deutschland rund 400.000 Tonnen Teppichböden zur Entsorgung an.
„Viele Teppichböden enthalten hochwertige, für das Recycling geeignete Kunststoffe. Diese Stoffe können derzeit leider viel zu selten recycelt werden. Weil sich Schadstoffe in Recyclingmaterialien anreichern können, sollten Teppichbodenprodukte deshalb von Anfang an schadstofffrei sein. Dass dies möglich ist, zeigen zwei untersuchte Teppichböden mit Anteilen von Recyclingmaterialien, bei denen keiner der untersuchten Schadstoffe gefunden werden konnte“, sagt Elena Schägg, Projektmanagerin des DUH-Fachbereichs Kreislaufwirtschaft.
Hintergrund
Bereits im März dieses Jahres hat die Anthesis Consulting Group eine Studie veröffentlicht, in der 59 besorgniserregende Chemikalien benannt wurden, die in Teppichböden auf dem EU-Markt enthalten sein können. Die eruierten Chemikalien wurden nach Angaben der DUH von der Changing Markets Foundation (CMF) zum Anlass für Schadstofftests von fünfzehn Teppichböden von acht Herstellern genommen.
Bei der Untersuchung wurden in zwölf von fünfzehn Teppichböden hormonell wirksame, krebserregende oder die Fruchtbarkeit beeinträchtigende Stoffe nachgewiesen. Insgesamt drei Teppichböden von Forbo und Associated Weavers enthielten Phthalate. Dazu gehörte das hormonaktive Phthalat Diethylhexylphthalat (DEHP). Dieses ist in der EU seit 2015 verboten, in recyceltem Polyvinylchlorid (PVC) aber noch immer zugelassen. Ein von Milliken verkaufter Teppichboden enthielt gleich acht verschiedene perfluorierte Verbindungen (PFAS). Zwei weitere Milliken-Teppichböden beinhalteten das krebsverdächtige chlorierte Flammschutzmittel Tris(1,3-dichlorisopropyl)phosphat (TDCPP). Für die Chemikalie gilt in Kinderspielzeug ein Grenzwert von 5 ppm. In Teppichböden darf die Substanz jedoch uneingeschränkt eingesetzt werden.