Eine stark wachsende Anwendung in der Kunststoffindustrie ist die Modifizierung von Polymeren mit Fasern aus Carbon und speziell mit Carbonfaserrezyklaten. Als Rezyklate werden hierbei recycelte Carbonfasern bezeichnet, welche bei Herstellverfahren, z. B. in der Automobilindustrie, als Produktionsreste anfallen. Begründet ist dies durch die stetig zunehmende Nachfrage nach faserverstärkten thermoplastischen Kunststoffen, die gegenüber unverstärkten Kunststoffen signifikant verbesserte physikalische und mechanische Eigenschaften aufweisen.
Es wird zunehmend vom Gesetzgeber (z. B. EU-Abfallrahmenrichtlinie und Altautoverordnung) vorgeschrieben, Carbonfaserreste recyceln zu müssen. Durch diese gesetzlichen Vorgaben werden alternative Entsorgungswege für Faserverbunde zukünftig unverzichtbar. Die Herstellung von Compounds aus einer thermoplastischen Matrix und Carbonfaserrezyklaten stellt einen alternativen Entsorgungsweg dar.
Die mechanischen Eigenschaften des Compounds werden speziell durch den Faseranteil, den Faserdurchmesser, die Anbindung zwischen Faser und Matrix sowie die vorliegende Längenverteilung der Fasern bestimmt. Letztere ergibt sich aus der vorhandenen Ausgangsfaserlängenverteilung der Carbonfasern in den Rezyklaten sowie der möglichen Änderung durch die Verarbeitung auf dem Compoundierextruder. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können nur speziell behandelte und kompaktierte Faserrezyklate dosiert und in den Extruder eingebracht werden. Der Grund hierfür liegt darin, dass sich mit zunehmender Faserlänge gewölle- oder vliesartige Strukturen ausbilden (siehe Abbildung ). Solche Faserbündel können weder dosiert werden, noch von Extrudern im dosierten Betriebszustand eingezogen werden. Dies schränkt das mögliche Anwendungsspektrum stark ein. Eine Vorhersage der Faserlängenverteilung in einem Compound aus thermoplastischer Matrix und Carbonfaserrezyklaten ist darüber hinaus aktuell nur anhand von zeitaufwändigen, experimentellen Untersuchungen möglich. Dies stellt insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (kmU) vor große Herausforderungen.
Deshalb forscht das SKZ und die Kunststofftechnik Paderborn (KTP) der Universität Paderborn an der Aufbereitung von Carbonfaserrezyklaten. Dabei werden die Dosierung und Zuführung von möglichst langen Faserrezyklaten in den Compoundierextruder sowie der Einfluss der Verarbeitungsverfahren auf die Längenverteilung der Fasern simulativ und experimentell betrachtet.
Das IGF-Vorhaben 20056 N der Forschungsvereinigung „Fördergemeinschaft für das Süddeutsche Kunststoff-Zentrum e.V.“ wird über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschung (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Interessenten dürfen sich gerne am projektbegleiteten Ausschuss beteiligen.