Am 30. Mai 2018 hat der Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfaMed) den Vorschlag für eine Empfehlung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Änderung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) beschlossen. Der Vorschlag sieht die Einführung einer Angebots- und Pflichtvorsorge bei regelmäßigen Tätigkeiten im Freien mit besonders intensiver Belastung bzw. intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung vor, wenn bestimmte Kriterien der solaren UV-Exposition erfüllt sind.
VDM, bvse und BDSV sprechen sich „nachdrücklich gegen die Einführung einer Pflichtvorsorge aus, da die Einführung zum Stillstand der Tätigkeiten auf deutschen Recyclinghöfen führen würde. Klarstellend weisen wir darauf hin, dass wir uns nicht gegen die Einführung einer Angebotsvorsorge aussprechen. Wir legen auf den Arbeitsschutz in unseren Mitgliedsunternehmen viel Wert und werden uns daher ebenfalls werbend dafür einsetzen, das Risiko der UV-Exposition zu minimieren.“
Die Begründung der Verbände lautet wie folgt: „Aus unserer Sicht ist die Einführung einer Pflichtvorsorge nicht notwendig. Vielmehr kann ein ausreichender Schutz der Arbeitnehmer durch organisatorische (wie beispielsweise langärmlige Kleidung, Kopfbedeckungen mit ausreichender Bedeckung des Nackenbereichs oder Zurverfügungstellung von Sonnencreme), technische und personenbezogenen Maßnahmen und durch eine Angebotsvorsorge gewährleistet werden. Außerdem ist in den meisten unserer Unternehmen Schutzausrüstung (Arbeitskleidung) nötig, die gleichermaßen einen Sonnenschutz gewährleistet. Die Einführung einer Pflichtvorsorge würde außerdem einen erheblichen Zeitaufwand für die Betriebsärzte bedeuten. Aufgrund der hohen Anzahl der einzubeziehenden Beschäftigten ist mit einer zeitnahen Durchführung der ärztlichen Vorsorge nicht zu rechnen. Dem Vorschlag selbst ist zu entnehmen, dass rund 2 bis 3 Millionen. in Deutschland im Freien Beschäftigte in die arbeitsmedizinische Vorsorge eingeschlossen werden müssten. Nimmt man beispielsweise an, dass ein Hautscreening pro Mitarbeiter im Durchschnitt 10 Minuten dauert und 3 Millionen Beschäftigte diese Untersuchung durchführen lassen müssen, wären 500.000 Betriebsärztestunden hierfür notwendig. Dabei sind administrative Aufgaben in den Praxen nicht eingerechnet. Angesichts des Fachkräftemangels bei den Fachärzten, welche die Voraussetzungen des § 7 ArbMedVV erfüllen müssen, sehen wir nicht wie weitere Pflichtuntersuchungen zu bewältigen sind.
Da ohne durchgeführte Pflichtvorsorge ein Beschäftigungsverbot besteht und auf den Recyclinghöfen fast jeder Arbeitnehmer im Freien physisch tätig ist und von der Vorsorgepflicht betroffen sein wird, wird es zum Stillstand der Arbeiten kommen. Auch ein kurzfristiger vertretungsweiser Einsatz von Beschäftigten, z. B. im Fall der Erkrankung eines Arbeitnehmers, wird unmöglich.
Des Weiteren schreibt die ArbMedVV dem Arbeitgeber zwar die Veranlassung der Pflichtvorsorge für den Beschäftigten vor, die ArbMedVV bietet dem Arbeitgeber jedoch keine Einwirkungsmöglichkeit, die Teilnahme verpflichtend vom Arbeitnehmer zu fordern. So kann der Arbeitgeber nur arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreifen (z. B. Abmahnung), welche das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien stören. Der Arbeitgeber ist auf die Mitwirkung des Beschäftigten angewiesen. Der Arbeitgeber wird verpflichtet und trägt die wirtschaftlichen Folgen bei mangelnder Mitwirkung des Arbeitnehmers.
In diesem Zusammenhang möchten wir auf das Thema persönliche Vorsorge und Schutzausrüstung hinweisen. Auch im privaten Bereich ist der Arbeitnehmer UV-Strahlung ausgesetzt. Dies ist nicht nur eine arbeitsspezifische Gefährdung. Diese Gefährdung des Arbeitnehmers durch UV-Strahlung findet in der Verordnung keine Berücksichtigung, obwohl durch sie eine arbeitsspezifische Gefährdung verstärkt oder ausgelöst werden kann. Insbesondere im Rahmen der Kostentragung und Verteilung sowie bei der Ermittlung der Expositionsdauer ist dies zu berücksichtigen.“