Seit dem ersten Januar 2018 gilt der chinesische Importstopp für insgesamt 24 Abfallarten, darunter verschiedene Kunststoffe, Textilabfälle sowie Schlacken aus der Eisen- und Stahlherstellung. Für Länder, die bis dato einen Teil ihrer Abfälle nach China exportiert haben, fällt damit eine profitable Form der Weitervermarktung von Sekundärrohstoffen weg.
Auf lange Sicht birgt die neue chinesische Abfallpolitik allerdings auch wirtschaftliche Chancen. „Der Importstopp, aber auch die EU-weit steigenden Recyclingquoten werden dazu führen, dass der Ausbau von Recyclinglösungen in den einzelnen Ländern stärker in den Fokus rückt“, so Jan-Patrick Schulz, Vorstandsvorsitzender der Landbell-Group. Das Unternehmen ist Anbieter von Service und Beratung für internationale Umwelt- und Chemikalien-Compliance. „In einer Kreislaufwirtschaft gelangen Sekundärrohstoffe als zusätzliche Ressourcen zurück auf den Markt. Langfristig bedeutet das für Unternehmen eine größere Liefersicherheit, konstantere Preise, und sie machen sich unabhängiger von Importen.“
Recycling – für deutsche Verbraucher ein wichtiges Thema
In Deutschland werden rund die Hälfte der Abfälle recycelt – europaweit betrachtet eine gute Quote. In der Bevölkerung hat das Thema einen hohen Stellenwert. Das bestätigt auch eine Umfrage von Kantar Emnid im Auftrag von Landbell Group: 84 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen Recycling „wichtig“ oder „sehr wichtig“ sei. Die höchste Recyclingbereitschaft wies mit 93 Prozent die Gruppe mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 2.500 bis 3.000 Euro auf. Am wenigsten relevant war das Thema für Personen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 1.000 Euro: Hier befanden 64 Prozent die Wiederverwertung von Rohstoffen als wichtig oder sehr wichtig. Auch das Alter spielt eine Rolle: Unter den Befragten zwischen 14 und 29 Jahren gaben lediglich 16 Prozent an, dass Recycling für sie „sehr wichtig“ sei; in der Gruppe zwischen 50 und 59 Jahren waren es hingegen 57 Prozent.
Unabhängig von der positiven Einstellung gegenüber Recycling sieht JSchulz bei der Umsetzung in Deutschland und anderen europäischen Ländern noch Ausbaupotenzial. „Unsere Wirtschaft ist aktuell noch in vielen Bereichen sehr linear ausgerichtet. Nicht alle Produkte werden am Ende ihres Lebenszyklus recycelt, sondern viele noch entsorgt. Dadurch gehen wertvolle Materialien verloren.“ Unternehmen müssen dann stetig auf neue Rohstoffe zurückgreifen. Werden die Ressourcen knapper oder gibt es Lieferengpässe aufgrund von höherer Nachfrage, steigen die Preise – für Produzenten, aber auch für die Verbraucher. In einer Kreislaufwirtschaft hingegen ließe sich genau dieses Risiko eindämmen: Materialien werden recycelt, die Rohstoffe gelangen wieder zurück in den Produktionsprozess, und das Angebot auf den Märkten wird gleichzeitig durch die hinzukommenden Sekundärrohstoffe vergrößert.
Importstopp kann Wirtschaft und Unternehmen auf Dauer stärken
Der Importstopp der Volksrepublik bietet somit auch eine wirtschaftliche Chance – vorausgesetzt, die betroffenen Länder bauen die Kreislaufwirtschaft weiter aus. Gegenwärtig gibt es in Deutschland vor allem zwei Hürden, weshalb viele Unternehmen noch Primärrohstoffe vorziehen: Zum einen entspricht die Qualität von Sekundärrohstoffen häufig noch nicht den hohen Anforderungen in der Produktion; auf der anderen Seite ist die Lieferbarkeit von größeren Mengen derzeit noch nicht gesichert. Beim Ausbau der Recycling-Infrastruktur müssen daher neben dem quantitativen Ausbau auch die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, um eine kontinuierlich hohe Qualität zu gewährleisten.
EU schafft rechtliche Rahmenbedingungen für eine Kreislaufwirtschaft
Mit verschiedenen Richtlinien wurde bereits europaweit eine rechtliche Basis geschaffen, um die Rücknahme und Wiederverwertung von Produkten zu systematisieren, darunter die WEEE-EU-Richtlinie für die Behandlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten, die Altbatterierichtlinie und die EU-Verpackungsrichtlinie. Die kürzlich veröffentlichte Kunststoffstrategie der EU-Kommission und das kurz vor der Verabschiedung stehende EU Kreislaufwirtschaftspaket verbessern zudem die Rahmenbedingungen für eine europäische Kreislaufwirtschaft. Darin enthalten sind unter anderem neue, verbindliche Ziele für die Abfallverringerung sowie Mindestanforderungen an die Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung. Die am 16. Januar 2018 von der EU-Kommission beschlossene Kunststoffstrategie verfolgt zudem das ambitionierte Ziel, alle Kunststoffverpackungen bis 2030 recyclingfähig zu machen.