„Leider weigert sich der Kreis beharrlich, geltendes Recht umzusetzen“, begründete Umweltminister Franz Untersteller diesen ungewöhnlichen Schritt. „Was aber von jeder Bürgerin und jedem Bürger erwartet wird, nämlich sich an Recht und Gesetz zu halten, erwarte ich auch und gerade von einem hoheitlichen Träger wie dem Landkreis.“
Untersteller erinnerte nach daran, dass das Umweltministerium dem Landkreis sehr viel Zeit eingeräumt habe, die seit dem Jahr 2012 im Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes verankerte und seit dem 1. Januar 2015 geltende Pflicht umzusetzen, so das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. In zahlreichen Gesprächen habe das Ministerium in den vergangenen Jahren versucht, mit dem Kreis eine tragfähige Lösung zu finden, leider ohne Erfolg. „Genug ist genug“, sagte der Minister. „Bioabfall ist eine zu wertvolle Ressource, wir können es uns schlicht nicht mehr erlauben, verschwenderisch mit ihr umzugehen.“ Nur wenn der Bioabfall getrennt gesammelt werde, könne er erst zum Erzeugen von Energie und danach als Kompost möglichst optimal genutzt werden, so Untersteller.
Der Landkreis Karlsruhe geht nach den vorliegenden fachlichen Analysen selbst davon aus, dass sich je Einwohner und Jahr eine Menge von 62 Kilogramm Bioabfall im Restmüll befindet. Dies entspricht einem Anteil von über 54 Prozent. Unter der Annahme, dass 80 Prozent des Bioabfalls getrennt abgeschöpft werden können, ist in einer künftigen Biotonne mit einem durchschnittlichen Anfall von 48,6 Kilogramm pro Einwohner und Jahr im Kreis zu rechnen. Die Meinung des Kreises, nur 34 Prozent der Haushalte wären bereit, eine Biotonne zu nutzen, sieht das Umweltministerium als in der Praxis widerlegt und fachlich nicht haltbar an. „Ein Anschlussgrad von 80 Prozent ist realistisch“, sagte Umweltminister Untersteller mit Verweis auf den Hohenlohekreis, in dem seit dem Jahr 2016 der Bioabfall separat erfasst wird und wo diese Quote bereits im ersten Jahr erreicht wurde.
Auch habe der Kreis nicht überzeugend dargelegt, weshalb die Einführung der Biotonne gerade im Landkreis Karlsruhe wirtschaftlich unzumutbar sei, sagte Franz Untersteller. „Die Erfahrungen in jüngster Zeit, zum Beispiel in den Kreisen Ravensburg oder Hohenlohe, zeigen, dass die Getrenntsammlung von Bioabfällen – wenn überhaupt – nur geringe Mehrkosten verursachen. Im Landkreis Göppingen konnten die Bürgerinnen und Bürger nach der Einführung der separaten Bioabfallsammlung sogar günstigere Entsorgungsangebote wählen, ähnlich wie im vergleichbar ländlich geprägten Kreis Lörrach.“
Um die Wirksamkeit der geplanten Anordnung gegen den Landkreis Karlsruhe zu flankieren, ist auch eine parallele Anordnung gegen den Restmüllentsorger des Kreises, die MVV Mannheim, vorgesehen, heißt es weiter. Hiernach darf die MVV nach dem 1. Januar 2020 nur dann wieder Restmüllabfälle vom Landkreis Karlsruhe annehmen und behandeln, wenn der Kreis die getrennte Sammlung von Bioabfällen eingeführt hat. Jeder Abfallbehandler ist gesetzlich verpflichtet, den Abfall möglichst hochwertig zu verwerten. Dies ist bei nicht vom Restmüll getrennten Bioabfällen jedoch nicht der Fall, wenn sie schlicht verbrannt werden.
„Mit einem solch ordnungsrechtlichen Vorgehen gegen einen Landkreis und den Betreiber der Müllverbrennungsanlage betreten wir Neuland in der Verwaltungspraxis“, sagte Umweltminister Untersteller. „Wir sind davon überzeugt, dass dies ein juristisch zulässiger und notwendiger Weg ist, um auch im Landkreis Karlsruhe einen rechtmäßigen Zustand zu erreichen.“
Der Landkreis Karlsruhe und die MVV haben nun bis zum 30. September 2017 Gelegenheit, zu den geplanten Anordnungen Stellung zu nehmen.
Neben dem Landkreis Karlsruhe weigern sich in Baden-Württemberg aktuell noch der Alb-Donau-Kreis sowie der Landkreis Sigmaringen eine flächendeckende Bioabfallsammlung einzuführen. Auch in diesen Kreisen sind entsprechende Anordnungen geplant, so das Ministerium abschließend.