Auch wenn der Leistungs- und Pflichtenkatalog an Vorbehandlungsanlagen mit den geforderten Verwertungs- und Recyclingquoten erst zum Januar 2019 greift, sollten Verwerter und Entsorger schon jetzt ihren Status quo prüfen und aktiv werden, riet der Vertreter des Bundesumweltministeriums ORR Dr. Jean Doumet auf der bvse-Tagung zur Gewerbeabfallverordnung in der letzten Woche.
Im Rahmen des Erfüllungsaufwandes zur Umsetzung der neuen Richtlinien schätzt das Bundesumweltministerium einen jährlichen Kosten-Mehraufwand von ca. 16 Millionen Euro. „Dieser wird hauptsächlich der Getrenntsammlung, bzw. der Zuführung zu einer Vorbehandlung, anstelle einer energetischen Verwertung zuzuschreiben sein“, erklärte Dr. Doumet. Hinzu rechne der Gesetzgeber noch einmal rund 192 Millionen Euro für den einmaligen Umstellungsaufwand, den er fast ausschließlich für die Umsetzung der neuen Anforderungen an die Vorbehandlung einkalkuliert, so Doumet weiter.
Auf die Branche kommt ein gutes Stück Arbeit zu. Abfallbesitzer und Anlagenbetreiber müssen jetzt entscheiden, wie sie mit den Abfallgemischen in Zukunft weiter verfahren. Diese annehmen und gemäß den Bestimmungen und Anforderungen des neuen Regelwerks selber vorbehandeln oder in spezielle Anlagen weitergeben? Die Frage, die sich vorrangig stelle, sei, wo die Vorbehandlung beginne, so der Referatsleiter des Bundesumweltministeriums. „Wenn Wertstoffe entnommen werden, ist das ein Teil der Vorbehandlung. Dies wird momentan beispielsweise auch auf BIMsch-genehmigten Zwischenlagern, den sogenannten „Grabbelplätzen“, durchaus gemacht und wird in Zusammenarbeit mit geeigneten Partnern auch in Zukunft weiter möglich sein, sofern sichergestellt wird, dass Abfälle, die ihren Weg dorthin finden, auch komplett so behandelt werden, wie es nach der Gewerbeabfallverordnung vorgesehen ist. Wichtig sei, dass die Anlagenbetreiber jetzt die Verträge mit ihren Partnern im Hinblick auf Zielerreichungen prüfen und anpassen.
„Über diese mittelstandsfreundliche Regelung dürften viele Betreiber erleichtert sein“, kommentierte der bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock die Aussage Doumets. Gleichzeitig machte er jedoch auch noch einmal deutlich, dass es im Hinblick auf die ambitionierte Recyclingquote von 30 %, die ab 1. Januar 2019 gilt, insbesondere auch für die vielen EBS-Aufbereiter dringenden Klärungsbedarf dahingehend bestehe, was genau in die Quotenberechnung einfließe dürfe.
„Die Quoten sind nicht nur aus unserer Sicht machbar. Es wird Aufgabe der Recyclingwirtschaft sein, Lösungen zu finden, diese zu erreichen. Dies könnte bedeuten, sich eventuell auf neue Stoffströme umzustellen oder für bestimmte Stoffe auch neue Märkte zu finden“, erklärte Dr. Doumet.
Viele Unternehmen sind über die nächsten Schritte verunsichert, bestätigte Branchenexperte und Berater Professor Dr. Uwe Görisch. „Als erste Maßnahme ist eine zeitnahe Analyse des Ist-Zustandes unumgänglich, und zwar nicht nur in technischer Hinsicht, sondern vor allem im Hinblick auf die Zielsetzungen, die durch die neue Gewerbeabfallverordnung gesetzt sind. Anlagenbetreiber und zuständige Vollzugsbehörden sollten sich dazu zusammensetzen und gemeinsam beraten, ob hinsichtlich vorhandener Technik, eingehender Stoffströme und erreichbarer Quoten, Anpassungen notwendig sind. Hier sind, im Benehmen mit den zuständigen Behörden, Einzelfallbetrachtungen notwendig“, machte der langjährige Branchenberater deutlich.
Besorgt blickt die Branche auch auf den Vollzug der Länder. Nach dem Föderalismusprinzip wird hier jedem Bundesland eine, seiner Organisations- und Verwaltungsstruktur entsprechende, eigenständige Abwicklung zugestanden, was in der Vergangenheit schon zu vielen für die Branche und den Mittelstand unerfreulichen Belastungen geführt hat. Einen in den Ländern einheitlichen Vollzug wird es wohl auch durch den Leitfaden, den die Länderarbeitsgemeinschaft LAGA bis Ende 2018 fertigstellen will, nicht geben, bestätigte der Vorsitzende des Abfallrechtsausschusses und Referatsleiter für Wertstoffrückgewinnung im Bayerischen Umweltministerium, MR Christian Schmidt. „Jedes Land ist für den Regelungsvollzug alleine verantwortlich, die Vollzugshilfe ist lediglich eine Empfehlung für die Länder und hat keinen Rechts- oder Normcharakter“, so Schmidt.