Erhebliche Konsequenzen für die Zusammenarbeit zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und den dualen Systemen wird § 22 VerpackG haben, der die bisherige Abstimmungsregelung in § 6 Abs. 4 VerpackV ablöst. In dieser Vorschrift wird die Systemabstimmung nicht nur sehr viel genauer und differenzierter als bisher beschrieben, das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien wird auch in vielen Punkten anders als bisher geregelt. Einige bisher strittige Fragen hat der Gesetzgeber entweder zu Gunsten oder zu Lasten der Kommunen einer Entscheidung zugeführt, gleichzeitig sind aber allein schon aufgrund der Länge und Komplexität der Vorschrift und teilweise neu konzipierter Rechtsinstrumente eine Vielzahl neuer Fragestellungen entstanden, die voraussichtlich den Abstimmungsprozess noch aufwändiger machen werden als bisher. Dies gewinnt vor allem vor dem Hintergrund an Bedeutung, dass es für beide Seiten keinen Bestandsschutz für bisherige Abstimmungsinhalte gibt und somit alle Abstimmungsvereinbarungen neu ausgehandelt werden müssen.
Daher darf das Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.01.2019 sowie die Übergangsvor schrift des § 35 Abs. 3 S. 1 VerpackG, wonach sich bestehende Abstimmungen um max. zwei Jahre verlängern können, nicht zu der Einschätzung führen, dass vorerst auf kommunaler Seite keine Aktivitäten zur Umsetzung des neuen Verpackungsge setzes erforderlich wären.
Eine Fortgeltung von Abstimmungen bis Ende des Jahres 2020 kann es nach unserer Interpretation des Gesetzeswortlautes nur für solche Abstimmungsinhalte geben, die nach dem Willen der Parteien über den 31.12.2018 hinaus Gültigkeit besitzen sollen. Soweit also eine Abstimmungsvereinbarung am 31.12.2018 endet oder zu bestimmten Themen keine Regelungsinhalte enthält, ist eine Neuregelung zum 01.01.2019 erforderlich. Soweit zu diesem Zeitpunkt eine Neuvergabe der Glas- und insbesondere der LVP-Sammlung ansteht, müssen die diesbezüglichen Vereinbarungen der Kommunen mit den dualen Systemen bereits im Frühjahr 2018 abgeschlossen sein, um eine korrekte, diesen Vereinbarungen entsprechende Ausschreibung der Sammelleistungen zu gewährleisten. Auch die Absicht einer Rahmenvorgabe nach § 22 Abs. 2 VerpackG sollte den Systemen möglichst schon vor Beginn der Ausschreibung mitgeteilt werden.
Für die Fraktion PPK wird in jedem Fall eine Neuregelung zum 01.01.2019 erforderlich sein, da künftig die Bestimmung des angemessenen Entgelts für die Mitbenutzung der PPK-Sammlung nicht mehr Gegenstand von Leistungsverträgen, sondern der Abstimmungsvereinbarung selbst sein wird, die gemäß § 22 Abs.7 VerpackG ausschließlich mit dem von den dualen Systemen zu benennenden gemeinsamen Vertreter zu verhandeln ist. Das bisher bei Drittbeauftragungen für die Sammlung bestehende Dreiecksverhältnis zwischen Kommune, Entsorger und dualen Systemen entfällt ebenso wie die Notwendigkeit, mit allen Systemen separate Vertragsverhandlungen führen zu müssen. Auch die Frage, ob die den dualen Systemen zustehenden Erlöse aus der Vermarktung der PPK-Verkaufsverpackungen ihnen über eine Erlösbeteiligung oder die körperliche Bereitstellung eines Sammelgemischs zufließen sollen, wird künftig Bestandteil der Abstimmungsvereinbarung sein. In diesem Zusammenhang wird es außerdem notwendig, Drittbeauftragungen für die Sammlung und/oder Verwertung des kommunalen Altpapiers an die neue Rechtslage anzupassen bzw. diese bei anstehenden Neuausschreibungen von vornherein zu berücksich tigen.
Nach unserer Einschätzung ist dringend zu empfehlen, die nächsten Monate zu einer
Bestandsaufnahme der aktuellen Abstimmungsregelungen zu nutzen, die bisher nach dem Willen der Parteien auch über den 31.12.2018 hinaus Gültigkeit besitzen sollen. Soweit dies nicht der Fall ist bzw. soweit unabhängig davon Wünsche nach Veränderungen des Sammelsystems bestehen, die gegebenenfalls mit dem neu eingeführten Mittel der Rahmenvorgabe nach § 22 Abs. 2 VerpackG per Verwaltungsakt durchgesetzt werden sollen, sollten entsprechende Positionen erarbeitet, gegebenenfalls politisch beschlossen und im Abfallwirtschaftskonzept verankert werden. Soweit kommunale Entgeltansprüche, insbesondere nach § 22 Abs. 3, 4 und 9 VerpackG im Raum stehen, müssen diese nach den Gebührenbemessungsgrundsätzen des § 9 BGebG und der Allgemeinen Gebührenverordnung kalkuliert werden, da das Gesetz ausdrücklich auf diese Bestimmungen verweist und damit den bisher beiderseits vorhan denen Verhandlungsspielraum stark einengt.
Da die Rechte und Pflichten aus § 22 VerpackG den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger treffen, wird es darüber hinaus in Gebieten mit gespaltener Zuständigkeit, mit Übertragungsregelungen auf Zweckverbände oder Anstalten des öffentlichen Rechts sowie im Verhältnis von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und ihren Unternehmen notwendig sein, die jeweilige rechtliche Zuständigkeit eindeutig zu klären und möglichst zu Regelungen zu kommen, die es erlauben, dass dem gemeinsamen Vertreter der dualen Systeme auch auf kommunaler Ebene für das jeweilige Vertragsgebiet nur ein Verhandlungspartner gegenübersteht, der gleichzeitig auch in der Lage ist, einseitige Ansprüche der Kommunen rechtsverbindlich geltend zu machen.