Kunststoffrecycling: Schulterschluss aller Beteiligten erforderlich

Am von RiGK veranstalteten 2. Internationalen Forum „Agricultural Plastics – Potential for Recycling“ nahmen rund 120 Branchenvertreter aus 19 Ländern teil.
Kunststoffrecycling

„Um die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu sichern, muss der Ertrag bei der Produktion von Nahrungsmitteln effizienter und der Einsatz von Ressourcen optimiert werden. Für beides spielen Kunststoffe, die zum Beispiel in Form von Folien, Netzen oder Behältern eingesetzt werden, eine wichtige Rolle. Ihr großes Recyclingpotenzial bleibt dabei aber heute noch oft ungenutzt. Um dies zu ändern, sind rund um den Globus bereits funktionierende Sammelsysteme installiert, die den Zweck verfolgen, diese Kunststoffe nach Gebrauch als Rohstoff für eine erneute Nutzung aufzubereiten. Die weitere Steigerung der Zahl und Effizienz dieser Systeme erfordert eine Intensivierung der Zusammenarbeit aller Hersteller, Händler, Nutzer, Sammler und Verwerter landwirtschaftlich genutzter Kunststoffe, unter Einbeziehung von Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen. Wichtig ist dabei, den Landwirt als erstes Glied in der Sammelkette noch stärker dafür zu sensibilisieren, dass er maßgeblich über die Sauberkeit des Sammelgutes und damit über dessen ökonomischen Wert für das Recycling entscheidet.“ Dieses Fazit zieht Jan Bauer, kaufmännischer Leiter der RIGK GmbH und Leiter des EPRO Arbeitskreises Recycling von Kunststoffen aus der Landwirtschaft zum Abschluss der Veranstaltung.

In seinem Einführungsvortrag unterstrich Professor Helmut Maurer von der EU-Kommission die Notwendigkeit für einen Bewusstseinswandel in Industrie und Gesellschaft als Basis für eine optimierte Nutzung von Rohstoffen. Er forderte dabei alle Beteiligten ausdrücklich dazu auf, die Abkehr von der linearen Ökonomie, bei der das nach dem Gebrauch in den Produkten verbleibende Potenzial ungenutzt bleibt, hin zur Kreislaufwirtschaft noch stärker als bisher in den Mittelpunkt aller Aktivitäten zu rücken.

Im Mittelpunkt der nachfolgenden Vorträge des ersten Forums-Tages stand zunächst die Marktsituation im Bereich der in der Landwirtschaft eingesetzten Kunststoffe, die, so Rainer Mantel (BKV GmbH, Deutschland), zwar nur 3,3 % des Kunststoffverbrauchs in Europa ausmachen, unter dem Strich aber dennoch die riesige Menge von rund 1,6 Mio. Tonnen jährlich ergeben. Interessante Zahlen hatte auch Bernhard Le Moine (APE, Frankreich) parat, der zeigte, wie sich die Agrar-Kunststoffe hinsichtlich Material, Form und Menge zusammensetzen und hinsichtlich der Produktion tierischer und pflanzlicher Produkte unterscheiden. Vortragende aus Südafrika, Chile (wo RIGK seit 2015 mit einem Büro aktiv ist), und Island (wo ein Schwerpunkt bei Fischernetzen liegt) ermöglichten den Blick über den Tellerrand.

Thema des zweiten Blocks waren Erfahrungen mit spezifischen Sammelsystemen für landwirtschaftlich genutzte Kunststoffe, die unter anderem in Deutschland (z. B. das von RIGK organisierte System PAMIRA für entleerte Pflanzenschutzmittelverpackungen), Belgien (AgriRecover), Irland (Irish Farm Films Producers Group Ltd.), Kanada (CleanFarms) und Polen (Container Management System PSOR) installiert sind. Über aktuelle technische Entwicklungen in den Bereichen Zerkleinern, Reinigen und Aufbereiten berichteten schließlich Hersteller aus Deutschland (Herbold Meckesheim), Spanien (Tecni-Plasper), Österreich (Erema), RecyOuesT sowie Adivalor (beide Frankreich).

Vorbehalte gegenüber Rezyklaten ausräumen, um Märkte zu stabilisieren
Der zweite Forumstag stand zunächst unter dem Thema „Drivers for Recycling“, die der Niederländer Anton Emans (PRE) lebhaft beschrieb. Sein zentrales Anliegen: Den Einsatz von Rezyklaten offenlegen und dadurch ein positives Image dafür schaffen. Die weitere Präsentationen drehten sich um die Bedeutung einer zielgerichteten Kommunikation für das Erreichen gesteckter Ziele sowie einer recyclinggerechten Auslegung von Kunststoffprodukten und die Dokumentation von deren Erfolg über die Einführung einer dem Energielabel ähnlichen Klassifizierung mit der Bezeichnung RecyClass (Antonio Furfari, Plastics Recyclers Europe, Belgien).

„Market Trends“ bildeten den Schwerpunkt der letzten Vortragsreihe. Die Einführung dazu gab Francis Huysman (Val-I-Pac, Belgien) mit einer Übersicht über den Export von Kunststoffabfällen nach Asien, die sich im Wandel befindliche Situation der dortigen Recycler (steigende Lohnkosten, strengere Auflagen) und die zu erwartenden Auswirkungen auf Europa. Ein Highlight bildeten Informationen und die zugehörige Diskussion über die Chancen und Limitierungen bio-abbaubarer Kunststoffe, beispielsweise in Form von Mulchfolien im Agrareinsatz. Michael Baxter (RPC, UK) wies in diesem Zusammenhang mit Nachdruck auf die Notwendigkeit hin, konstante, verlässliche Märkte für konventionelle Rezyklate zu schaffen und so den dabei störenden Einsatz der inkompatiblen Biokunststoffe einzuschränken. Ganz in diesem Sinne präsentierte Herman van Roost (Total, Belgien) schließlich einen Kunststoff auf PE-Basis, der ein besonders gutes Eigenschaftsbild bietet. Als Blendpartner mit Rezyklat ermöglicht er die Produktion eines neuen Werkstoffs, dessen Eigenschaften die herkömmlicher Neuware übertreffen. Damit, so van Roost, böte er ein breites Potenzial, um bestehende Vorbehalte gegen Rezyklate zu eliminieren.

Peter Sundt, Generalsekretär der EPRO, nahm abschließend die Gedanken von Jan Bauer auf und gab den Tagungsteilnehmern Ansätze zum Weiterdenken mit auf den Nachhauseweg: „Wie auch sonst in seiner täglichen Arbeit entscheidet der Landwirt maßgeblich darüber, ob alle weltweiten Maßnahmen rund um die Verwertung landwirtschaftlich genutzter Kunststoffe Früchte tragen. Er muss noch viel stärker als bisher in unsere Projekte eingebunden werden, denn er steht im Mittelpunkt aller Aktivitäten und hat es in der Hand, diese zu fördern, indem er die Sammelausbeute ebenso optimiert wie die Qualität des Sammelgutes. Trotzdem ist er nur ein Tänzer auf diesem Parkett. Der Umgang mit gebrauchten Agrarkunststoffen ist eine Herausforderung, die über regionale, nationale und EU-kontrollierte Projekte hinausgeht. Nachhaltiger Erfolg hängt davon ab, dass alle Beteiligten projektübergreifend und global zusammenarbeiten und sich damit im gleichen Takt über die Tanzfläche bewegen.“

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