„Kunststoffrecycling ist außerordentlich komplex und lässt sich, im Gegensatz zu anderen Abfallströmen wie Bauschutt, Böden, Altholz oder Schrott, „live“ nur unzureichend darstellen. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, die Leistungsfähigkeit der Branche und die große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten für dieses hochwertige Recyclingmaterial in einer gemeinsamen Fachausstellung mit Dr.-Ing. Stefan Bosewitz zu präsentieren“, erklärte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock in der Eröffnungsrede des Fachforums.
„Die Zukunft gehört dem Kunststoffrecycling!“, so Rehbock, „und mit dem hoffentlich bald beschlossenen Verpackungsgesetz wird insbesondere das Kunststoffrecycling Stabilisierung und einen Schub an Menge und Qualitäten durch mehr Lizenzierung und fast doppelt so hohen Recyclingquoten bekommen“, zeigte sich Rehbock überzeugt.
„Die gesetzlichen Weichen für einen Umbau im Kunststoffrecycling sind gestellt und werden in den nächsten Jahren die Regelwerke auf nationaler und europäischer Ebene maßgeblich neu ordnen. Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für die Branche stellt dabei auch die zunehmende „Chemisierung“ des Abfallrechts dar“, ergänzte bvse-Kunststoffexperte Dr. Thomas Probst in seinem Vortrag.
„Kunststoffrecycling muss in Zukunft deshalb auch auf operativer Ebene neu gedacht und geordnet werden“, so Probst. Erste Ansätze für einen Umbruch und ein neues Denken sind bereits erkennbar, erklärte Probst. „In letzter Zeit beobachten wir die zunehmende Tendenz, dass sich auf der einen Seite die Hersteller mit den Recyclern intensiver vernetzen und auf der anderen Seite die Kunststoffverarbeiter eng mit den Recyclern zusammenschließen, teilweise durch gezielte Übernahmen. Die Gründe für die verstärkte Zusammenarbeit sind vielschichtig und nachvollziehbar. Insbesondere Kunststoffverarbeiter sichern sich mit einer Beschaffung von Recyclingmaterialien eine nationale Versorgungssicherheit ab, die sie von Markttendenzen und -verwerfungen unabhängig machen. Darüber hinaus wird die jeweilige Ausrichtung des bestehenden Recyclings weiterentwickelt, um parallel zwei oder drei Standbeine zu bedienen – denn Recycling rechnet sich nur noch ab einer bestimmten Mindestgröße.“
Trotz der heute bereits vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Recyclate muss die Branche das Kunststoffrecycling mit seinen Einsatzmöglichkeiten konsequent weiter ausbauen und neue Absatzmärkte erschließen.
„Hierfür sind ständige Weiterentwicklung und Investitionen in neue Technologien unumgänglich. Für diese fehlt den Unternehmen jedoch zunehmend das Kapital. Geschuldet ist dies auch dem engen wirtschaftlichen Rahmen, in dem sich die Unternehmen, beispielsweise in der Sortierung, bewegen müssen, um im Korsett der mit den dualen Systemen getroffenen Verträgen noch wirtschaftlich arbeiten zu können“, so der bvse-Referent für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.
Eine große Verantwortung Voraussetzungen dafür zu schaffen, die neuen gesetzlichen Vorgaben zur Steigerung der Quoten des Kunststoffrecyclings zu erfüllen, sieht Fischer auch im öffentlichen Beschaffungswesen. „Die Vergabepraxis der öffentlichen Hand hinkt der im Kreislaufwirtschaftsgesetz verankerten Verpflichtung, ihren Bedarf nach Möglichkeit auch verstärkt über Recyclingprodukte zu decken, immer noch stark hinterher. Vielen verantwortlichen Entscheidungsträgern fehlt noch das Bewusstsein für den „Mehrwert“ von Produkten durch das Recycling – gerade auch bei den Kunststoffen. Recycling verlängert nicht nur den Lebenszyklus von Kunststoffen, sondern führt diese darüber hinaus ökologisch vorteilhaft in die bestehenden Kreisläufe zurück“, machte Thomas Fischer deutlich.
„Gelegenheit, sich über das Leistungspotenzial, Umbrüche und mögliche Neuausrichtungen der Branche zu informieren und mit Fachexperten und Branchenkennern zu diskutieren, bietet der am 30. und 31. Mai stattfindende 20. Internationale Altkunststofftag des bvse in Bad Neuenahr, zu dem insbesondere auch Regierungs- und Behördenvertreter herzlich willkommen sind“, ergänzte Fachreferent Thomas Probst.