Ziel der ursprünglich als Wertstoffgesetz gestarteten Gesetzesinitiative war es, Verpackungsabfälle zu vermeiden, die Sammlung von Verpackungen aus Plastik und Metall auf stoffgleiche Produkte auszuweiten und betrügerischen Verpackungsherstellern durch eine bessere Kontrolle das Handwerk zu legen. Nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) trägt das nun im Bundestag beschlossene Gesetz nicht zur Erreichung der genannten Ziele bei.
Das Gegenteil ist der Fall: bis zuletzt wollte Bundesumweltministerin Hendricks die Mehrwegquote für Getränkeverpackungen ersatzlos streichen und sah die Zukunft im Recycling von Milliarden Einweg-Plastikflaschen. Nur durch massiven Druck der DUH, hunderter Mehrwegabfüller, Getränkefachhändler, Logistiker und Gewerkschaften konnte in letzter Minute eine Wiederaufnahme der Mehrwegzielquote in das Gesetz erreicht werden, obwohl diese nur einen unverbindlichen Charakter hat.
„Der Vorschlag aus dem Umweltausschuss des Bundestages rechtliche Maßnahmen zu entwickeln, falls die gesetzliche Mehrwegquote von 70 Prozent drei Jahre nach deren Inkrafttreten noch nicht erreicht wird, wurde im letzten Moment gestrichen. Damit wurde der Mehrwegquote die Verbindlichkeit genommen. So hat sie einen rein appellativen Charakter. Für den Fall der dauerhaften Unterschreitung der Quote sind keine ordnungspolitischen Maßnahmen vorgesehen. Das ist jedoch notwendig, wenn beispielsweise Discounter nicht dazu bereit sind Mehrwegflaschen anzubieten und sie an die gesamtgesellschaftliche Aufgabe des Umweltschutzes herangeführt werden müssen“, sagt der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Doch auch die dringend notwendige Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg auf dem Produkt fand trotz klarem Votum des Bundesrats keinen Eingang in das Gesetz. „Das gestern beschlossene Verpackungsgesetz ist in dieser Form nicht geeignet, an den Verkaufsregalen für mehr Transparenz zu sorgen und deutlich zu machen, ob Mehrweg- oder Einwegflaschen gekauft werden. Discountern wie Aldi und Lidl, die ausschließlich auf Einweg setzen, wird es ermöglicht, mit nur einem einzigen Hinweisschild einen ganzen Supermarkt zu kennzeichnen. Dadurch wird eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung von Getränkeverpackungen komplett ausgehebelt“, erklärt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. Die DUH fordert eine Kennzeichnung auf der Verpackung mit dem Wort Einweg oder Mehrweg.
Mit Blick auf die zukünftige Verpackungsentwicklung gibt es im Gesetz keine ausreichenden Impulse dahingehend, dass weniger Verpackungen hergestellt und Ressourcen eingespart werden. Dabei ist genau dies notwendig. Denn Deutschland ist mit 218 Kilogramm pro Kopf und Jahr europäischer Spitzenreiter beim Anfall von Verpackungsabfällen. Ohne rechtliche Vorgaben, wie beispielsweise einer Ressourcenabgabe, wird das Inverkehrbringen von Verpackungen nicht deutlich teurer werden. Somit bestehen keine ausreichenden ökonomischen Anreize weniger Verpackungen einzusetzen.
Die ursprünglich im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vereinbarte Einführung einer bundesweiten Wertstofftonne und die Ausweitung der Sammlung von Verpackungen auf Produkte aus Kunststoff und Metall sind gescheitert. „Bratpfannen und Plastikspielzeug werden weiterhin in der Verbrennung landen und pro Jahr mehr als 400.000 Tonnen Wertstoffe verloren gehen. Das beschlossene Verpackungsgesetz ist ein Bruch des Koalitionsvertrages und Ausdruck einer verfehlten und ambitionslosen Umweltpolitik“, kritisiert Fischer.
Für besonders bedenklich halten die DUH, der Bundesrat und auch das Bundeskartellamt die Kontrolle über die Lizenzierung von Verpackungen der Industrie und dem Handel zu übertragen. „Eine ‚Zentrale Stelle‘ mit Register- und Kontrollfunktion zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Lizenzierung und Entsorgung von Verkaufsverpackungen muss unter staatlicher Kontrolle bleiben. Ansonsten droht ein unkontrollierbares Interessensgeflecht von Verpackungsherstellern, Händlern und Entsorgern, das zu Lasten der Verbraucher geht. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Umweltministerin Hendricks die warnenden Worte des Bundeskartellamts und dessen Empfehlung einer neutralen und staatlichen Organisation zur Überwachung der Lizenzierung von Verkaufsverpackungen übergeht. Einmal mehr setzt die Ministerin auf zweifelhafte Deals mit der Wirtschaft, anstatt auf staatliches Ordnungsrecht zu setzen“, sagt Resch.