Es gibt viele Regelungen zum Umgang mit Elektrogeräten, Batterien und Verpackungen, die nach Gebrauch nicht in den Hausmüll geworfen werden sollen, sondern getrennt erfasst und verwertet werden müssen. Wie sollen diese komplexen Regelungen vollzogen werden? Besteht Bedarf an einer Weiterentwicklung?
Mit diesen Fragen beschäftigte sich die von der DGAW gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, der stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR) und der Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien (GRS Batterien) veranstaltete Fachkonferenz „Vollzug und Weiterentwicklung der Produktverantwortung“ am 19.01.2017 in Berlin. An der Konferenz nahmen rund 110 Teilnehmer aus Politik, Verwaltung, Verbänden, Dienstleistung, Sachverständigenwesen und Beratung teil.
Michael Richter (BStMUV) führte in die Veranstaltung ein und betonte, dass sich das Prinzip der Produktverantwortung von einem anfänglichen Sparteninstrument für die Verpackungsentsorgung in Deutschland zu einem umfassenden Leitprinzip in der Europäischen Union entwickelt hat: In den Legislativvorschlägen des Kreislaufwirtschaftspaketes der EU-Kommission vom Dezember 2015 spielt insbesondere die erweiterte Herstellerverantwortung eine wichtige Rolle.
Dr. Thomas Rummler (BMUB) gab einen Überblick über Entwicklung, Stand und Zukunft der Vorschriften zur Produktverantwortung. Nach seiner Auffassung ist die Produktverantwortung bei Herstellern, Akteuren der Abfallwirtschaft und Verbrauchern angekommen, bedarf aber in verschiedenen Beziehungen einer Weiterentwicklung. Rummler erwähnte insbesondere die Neufassung des Verpackungsgesetzes.
Dr. Matthias Franke (Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft e.V. – DGAW) stellte die Herausforderungen einer erfolgreichen Umsetzung der Produktverantwortung dar. Besondere Probleme sah er in der mangelnden Effektivität kollektiver Systeme und vertrat die Auffassung, dass individuelle Lösungen grundsätzlich besser geeignet sind, den Hersteller zur ökologischen Produktoptimierung zu motivieren. Zugleich verwies er darauf, dass gerade individuelle Lösungen, wie zum Beispiel Selbstentsorgung oder Branchenlösungen, vermehrt durch Hersteller und Vertreiber genutzt werden, um sich der Produktverantwortung zu entziehen. Als einen Schritt in die richtige Richtung nannte er die im VerpackG vorgesehene ökologische Gewichtung von Lizenzentgelten. Darüber hinaus sprach er sich für die Berücksichtigung von Qualitätsas- pekten bei der Ermittlung der Recyclingquoten aus. Vor dem Hintergrund vermehrt auftretender Entsorgungsprobleme beispielsweise mit innovativen Verbundwerkstoffen forderte er einen Dialog zwischen Her- stellern und Verwertern und die Vorlage von Entsorgungskonzepten im Vorfeld der Markteinführung von Produktinnovationen.
Das Podium I zu Registrierungs- und Anzeigeverfahren behandelte das Problem, dass für verschiedene Abfälle unterschiedliche Registrierungs- oder Anzeigeverfahren erforderlich sind. Im Rahmen eines e- Voting sprachen sich die Konferenzteilnehmer mit Mehrheit für eine weitgehende Vereinheitlichung der Registrierung und Anzeige aus. Insbesondere Elektrogeräte und Batterien sollten möglichst in einem einheitlichen Registrierungsverfahren erfasst werden.
Das Podium II beschäftigte sich mit der Marktüberwachung. Die Teilnehmer stellten fest, dass Regelungen zur Marktüberwachung aus dem Europäischen Recht zunächst in das deutsche Bundesrecht umgesetzt werden, das seinerseits durch Behörden der sechzehn Bundesländer vollzogen werden muss. Die Konferenzteilnehmer sprachen sich im Rahmen des e-Voting dafür aus, durch eine einheitliche Überwachung Effizienzgewinne zu erzielen und empfahlen mehrheitlich, zur Verbesserung des Informationsaustauschs Kompetenzzentren einzurichten. Des Weiteren sahen es die Teilnehmer des e-Voting als wichtig an, Produktangebote im Internet auf die Einhaltung der Stoffverbote und Produktkennzeichnung zu prüfen.
Das Podium III behandelte Fragen des Sachverständigenwesens. Die Teilnehmer des e-Votings sprachen sich mit sehr deutlicher Mehrheit für bundesweit einheitliche Anforderungen an die Qualifizierung und Bestellung von Sachverständigen und einheitliche Vorgaben für die Durchführung von Sachverständigenprüfungen von Rücknahmesystemen und Entsorgungsfachbetrieben aus. Eine Stärkung der Kernkompetenzen sowie eine regelmäßige Fortbildung von Sachverständigen wurden als erforderlich angesehen.
Zum Abschluss der Veranstaltung ging Prof. Dr. Heinz-Georg Baum (Hochschule Fulda) auf innovative Ideen der Produktverantwortung unter Berücksichtigung ökonomischer Gestaltungselemente ein. Die Motivation der Haushalte zur Getrennthaltung von verwertbaren Fraktionen soll geschützt werden. Das Recycling soll trotzdem nicht „um jeden Preis“ erfolgen; dazu ist es erforderlich, werthaltige Fraktionen getrennt zu erfassen, um das ökologische und ökonomische Optimum anzustreben.