Mit der Gründung von CEC4Europe, der „Circular Economy Coalition for Europe“ wollen Prof. Christoph Scharff, Vorstand der Altstoff Recycling Austria AG, und Prof. Martin Faulstich, CUTEC und Vorsitzender des deutschen Sachverständigenrates für Umweltfragen, gemeinsam mit österreichischen, deutschen, englischen und französischen Kollegen und Kolleginnen eine evidenzbasierte Recyclingstrategie unterstützen. „Wir betreiben keine Politik, vielmehr versuchen wir gemeinsam und in enger Kooperation mit der Industrie, den Fokus der EU-Kommission in eine ökologisch effektive und ökonomisch sinnvolle Richtung zu lenken“, beschreibt Christoph Scharff die Zielsetzung.
Ende letzten Jahres hat die neue EU Kommission das Kreislaufwirtschaftspaket vom 2. Juli 2014 zurückgezogen. Frans Timmermans, 1. Vizepräsident der Europäischen Kommission, hat daraufhin ein noch ambitionierteres Paket angekündigt: Unter dem Motto „Wachstum, Beschäftigung und Umweltschutz“ sollten die bereits hohen Recyclingziele im Bereich Siedlungsabfälle bis 2030 noch gesteigert werden. Seitens CEC4Europe mahnt man zu Vorsicht: „Es geht um optimale, nicht maximale Recyclingquoten. Auch Sammlung, Sortierung, Aufbereitung verbrauchen Ressourcen. Überzogene Recyclingquoten, die etwa mehr Energie benötigen, als durch die gewonnenen Sekundärrohstoffe eingespart wird, sind ökologisch kontraproduktiv“, erklärt Prof. Helmut Rechberger, TU Wien, die Problemstellung. Anstelle ineffizienter Zielvorgaben solle das Augenmerk daher auf eine Harmonisierung des Recyclingniveaus in den Mitgliedsstaaten gelegt werden, um weitere Wettbewerbsverzerrungen und Anreize für teils illegale Abfallexporte in Länder mit geringeren Standards zu vermeiden.
Die Rohstofffrage ist für die EU ein essentielles Zukunftsthema, allerdings sei es, so Scharff, „unverständlich, warum man mit Blick auf den Siedlungsabfall ein aufwendiges Programm für lediglich 10 Prozent des Abfalls schmiedet, während insgesamt zehnmal mehr Abfälle anfallen. Das anthropogene Lager in Bauwerken, Infrastruktur und Produkten, die heute in Gebrauch stehen und erst in der Zukunft anfallen, weisen sogar ein um den Faktor 100 größeres Recyclingpotenzial auf.“
„Recyclingpolitik ist mindestens ebenso Wirtschafts- und Standortpolitik wie Umweltpolitik“, betont Scharff. In CEC4Europe arbeiten die Wissenschafter daher eng mit führenden Industrieunternehmen z. B. aus den Bereichen Bau, Metall, High Tech oder Automotive zusammen. Will man eine strategische europäische Kreislaufwirtschaft entwickeln, müsse der künftige Rohstoffbedarf der europäischen Industrie als Grundlage erhoben werden, um nicht ein künstliches Angebot ohne Nachfrage zu schaffen. Auf der Angebotsseite seien die tatsächlichen Potenziale in Abfällen und anthropogenen Lager systematisch zu erforschen.