Von den insgesamt 1026 Schiffen, die 2014 weltweit verschrottet worden sind, wurden 641 an minderwertige Anlagen in Indien, Bangladesch und Pakistan verkauft, wo die die Schiffe direkt auf dem Gezeitenstrand zerlegt werden – dies entspricht 74% der gesamten Tonnage an Schrottschiffen. Keine der Anlagen in Südasien erfüllt international Standards für sicheres und sauberes Schiffrecycling.
Schrottschiffe enthalten in ihrer Struktur giftige und gefährliche Materialen wie Asbest, Schwermetalle, Ölrückstände, PCBs und organische Abfälle – diese Schadstoffe können auf einem Gezeitenstrand nicht vollständig aufgefangen oder sicher entfernt werden.
Die Verschrottung der größten von Menschen gemachten bewegbaren Strukturen ist gefährlich und muss kontrolliert mit Hilfe angemessener Infrastruktur wie Kräne und den notwendigen Gesundheits- und Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden: Im Jahr 2014 hat die NGO Shipbreaking Platform mindestens 23 tödliche Unfälle und 66 schwerste Verletzungen dokumentiert, die durch Explosionen, herabfallende Stahlteile und Stürze aus großer Höhe verursacht worden sind.
“Südasien ist immer noch der bevorzugte Schrottplatz für die meisten Reeder, da Umwelt- und Sicherheitsstandards und Arbeiterrechte dort kaum durchgesetzt werden”, sagt Patrizia Heidegger, Geschäftsführerin der Plattform. “Reeder verkaufen ihre Schiffe auf die Strände, weil sie dort mehr Profit machen als wenn sie mit modernen Schiffrecyclingsanlagen zusammenarbeiten würden. Es ist wirklich eine Schande für die Schifffahrtsindustrie, dass so viele Reeder liebe ihre Augen vor der Realität in Südasien verschließen, anstatt ihrer Verantwortung gerecht zu werden und sicheres, sauberes und faires Recycling ihrer Schiffe zu verlangen.”
Trotz der neuen EU-Verordnung zum Schiffrecycling, welche am 30. Dezember 2013 in Kraft getreten ist und die Strandung von Schrottschiffen unter europäischer Flagge verbietet, sind im Jahr 2014 41 alte Schiffe meist unter den Flaggen Maltas, Italiens, Zyperns, des Vereinigten Königreichs und Griechenlands auf die Strände Südasiens gefahren. 15 weitere Schrottschiffe wurden noch schnell vor der Abwrackung ausgeflaggt. Typische Billigflaggen für eine letzte Fahrt sind Saint Kitts and Nevis (64 Schiffe), die Komoren (39), Tuvalu (24), Tansania (20) und Togo (20), Flaggen, die während Betrieb eines Schiffes kaum verwendet werden.
Jeglicher Versuch, das Problem allein über die Verantwortung der Flaggenstaaten zu regulieren, wird an der weiten Verbreitung von Billigflaggen, welche entsprechende Abkommen nicht ratifizieren oder umsetzen, scheitern. Solange die Europäische Union keinen wirtschaftlichen Anreiz für Reeder schafft, Schiffe ordentlich zu recyceln, wird die Registrierung unter Billigflaggen wie Saint Kitts and Nevis für die Abwrackung nur noch weiter zunehmen – und die Reeder können EU-Recht weiterhin problemlos umschiffen.
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