Soll aus einem Brennstoff Wärme und Strom erzeugt werden, oder sollen daraus Treibstoffe und andere nützliche Produkte hergestellt werden? Dank der Dual-Fluid-Wirbelschichttechnologie der TU Wien ist beides gleichzeitig möglich, meldet die Hochschule. Indem man Vergasung und Verbrennung in zwei unterschiedliche Kammern aufteilt, könne der Brennstoff viel besser genutzt werden als bei einer herkömmlichen Verbrennung.
Die Verfahrenstechnikerin Veronika Wilk hat in ihrer Dissertation untersucht, inwieweit diese Technik auch für Altholz und Kunststoffabfälle anwendbar ist – mit großem Erfolg, gibt die TU jetzt bekannt. Besonders Industrieabfälle, deren Zusammensetzung meist gut bekannt ist, ließen sich so umweltfreundlich verwerten. Für ihre Forschung erhielt Veronika Wilk den „Lions Club Wien St. Stephan Wissenschaftspreis“.
Wenn man festes Material einfach verbrennt, bekommt man heißes Abgas – ein Gemisch aus ganz unterschiedlichen chemischen Bestandteilen. So kann man zwar den Energieinhalt des Stoffes nutzen, nicht aber die Moleküle, aus denen das Material zusammengesetzt war. Am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien wurde daher die Dual-Fluid-Technologie entwickelt, bei der Verbrennung und Vergasung des Brennmaterials in zwei unterschiedlichen Reaktoren stattfinden. Aus dem Verbrennungs-Behälter entströmt dann sauberes Abgas, aus dem Vergasungsbehälter kommt das Produktgas, das dann noch gereinigt und weiterverwendet werden kann. Die Wärme, die man für die Vergasung benötigt, entsteht im Verbrennungsbehälter und wird von dort mit Hilfe von heißem Sand in den Vergasungs-Behälter transportiert.
„Dass dieses System mit Brennstoffen wie Hackschnitzeln bereits gut funktioniert, zeigen die Anlagen in Oberwart und Güssing“, sagt Veronika Wilk. Diese Anlagen, deren Technik auf der TU-Methode beruht, laufen bereits seit Jahren. Veronika Wilk wollte nun allerdings wissen, ob auch Abfallstoffe für diese Technik geeignet sind und hat dazu eine ganze Reihe von Versuchen durchgeführt.
Untersucht wurden viele verschiedene Abfallstoffe: Gewöhnliche Kunststoffe wie Polyethylen, Polypropylen oder PET und auch Abfallkunststoffe, geschredderte Kunststoffteile von Autos und Altholz aus dem Sperrmüll oder der holzverarbeitenden Industrie. Die Ergebnisse seien sehr vielversprechend: „All diese Materialien können problemlos ohne Einschränkungen vergast werden“, sagt Wilk. Verunreinigungen, etwa Stickstoff oder Schwefel, gelangen nicht ins Abgas, sondern kommen mit dem Produktgas aus dem Vergasungs-Behälter.
„Speziell für Industriebetriebe, bei denen große Mengen von Kunststoffabfall anfällt, ist diese Art von Verwertung sinnvoll“, sagt Wilk. Je genauer man weiß, welche Art von Kunststoff verarbeitet wird, umso einfacher ist es, am Ende das wertvolle Produktgas von Verunreinigungen zu trennen. Aus dem Produktgas kann beispielsweise Methan gewonnen werden, es kann in Treibstoff umgewandelt werden – auch die Gewinnung neuer Kunststoffe aus dem Gas soll grundsätzlich möglich sein. Abfälle aus Haushalten zu verwerten sei dagegen schwieriger, weil sie aus einer Vielfalt unterschiedlicher Stoffe bestehen, aber auch das hält Veronika Wilk langfristig für realistisch.
Der Lions Club Wien St. Stephan zeichnete Veronika Wilks Dissertation nun mit einem Wissenschaftspreis aus, der mit 20.000 Euro dotiert ist. Übergeben wurde er von Franz Fischler, dem Präsidenten des Europäischen Forums Alpbach.