Bundeskabinett beschließt Ressourceneffizienzprogramm

Das Bundeskabinett hat heute das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) beschlossen. Damit legt die Bundesregierung erstmals ein umfassendes Programm zur nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen vor. Bundesumweltminister Norbert Röttgen bezeichnete das Programm als einen "Masterplan für nachhaltiges Wachstum“. Der Deutsche Naturschutzring (DNR) beurteilt die Kabinettsentscheidung allerdings nicht ganz so euphorisch.

ProgRess beschreibe im Kern neue Handlungsansätze, Maßnahmen und Beispiele zur Steigerung der Ressourceneffizienz. Dabei werde die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet, erklärt das Bundesumweltministerium (BMU): Es gehe darum, eine nachhaltige Rohstoffversorgung zu sichern, Ressourceneffizienz in der Produktion zu steigern, Konsum ressourceneffizienter gestalten, eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft auszubauen sowie übergreifende Instrumente zu nutzen.

Dabei setze es auch auf die Stärkung freiwilliger Maßnahmen und Initiativen in Wirtschaft und Gesellschaft. Beispiele seien der Ausbau der Effizienzberatung für kleine und mittlere Unternehmen, die Unterstützung von Umweltmanagementsystemen, die vermehrte Berücksichtigung von Ressourcenaspekten in Normungsprozessen, die verstärkte Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung an der Nutzung ressourceneffizienter Produkte und Dienstleistungen, die Stärkung freiwilliger Produktkennzeichen und Zertifizierungssysteme, der Ausbau der Kreislaufwirtschaft sowie die Verstärkung von Technologie- und Wissenstransfer in Entwicklungs- und Schwellenländer.

Die effiziente Nutzung endlicher Ressourcen sei „eine der größten ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit“ und eine „Schlüsselkompetenz zukunftsfähiger Gesellschaften“, kommentierte Bundesumweltminister Röttgen das Ressourceneffizinez-Programm. Sie begrenze Umweltbelastungen, stärke die globale Wettbewerbsfähigkeit und schaffe qualifizierte neue Arbeitsplätze: „Deutschland hat die besten Voraussetzungen, beim notwendigen globalen Wandel zu einer ressourceneffizienten Wirtschaftsweise voranzugehen und eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Wir wollen zeigen, wie die Ressourceneffizienz in einem hochentwickelten Industrieland ohne Wohlstandseinbußen gesteigert und gleichzeitig der Verbrauch von Rohstoffen gesenkt werden kann.“

Intensive Rohstoffnutzung bringt Beeinträchtigungen mit sich

Weltweit wurden im Jahr 2009 nach Angaben des BMU über 68 Milliarden Tonnen Rohstoffe eingesetzt, rund ein Drittel mehr als im Jahr 2000 und etwa doppelt so viel wie Ende der 1970er Jahre. Ein Trend, der sich fortsetzen werde: Bis zum Jahr 2050 soll die Weltbevölkerung Prognosen zufolge auf über 9 Milliarden Menschen wachsen. Die Schwellenländer verzeichneten ein rasantes Wirtschaftswachstum. Deshalb nehme die Nachfrage nach Rohstoffen auch weiterhin deutlich zu.

Gleichzeitig bringe die intensive Rohstoffnutzung Umweltbeeinträchtigungen mit sich, die von der Freisetzung von Treibhausgasen über Schadstoffeinträge in Luft, Wasser und Boden bis zur Beeinträchtigung von Ökosystemen und Biodiversität reichen können. Röttgen: „Schon jetzt übersteigt die Nutzung von natürlichen Ressourcen die Regenerationsfähigkeit der Erde deutlich. Das ist ein Trend, den wir im Interesse unser Kinder und Enkel stoppen und umkehren müssen. Dabei geht es auch um globale Gerechtigkeit: Der Pro-Kopf-Konsum von Rohstoffen ist in Europa rund viermal so hoch wie in Asien und fünfmal so hoch wie in Afrika. Während die Industrienationen aber den Großteil der globalen Wertschöpfung erwirtschafteten, träfen die ökologischen und sozialen Folgewirkungen der Ressourcennutzung überproportional die Entwicklungsländer.“

DNR: “ProgRess ist nicht konkret genug“

Der DNR begrüßt zwar die heutige Kabinettsentscheidung der Bundesregierung für ein Deutsches Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess). Deutschland greife damit neben Österreich in der EU zuerst das Thema Rohstoffsicherung auf. „ProgRess ist aber nicht konkret genug und verwendet Indikatoren, die wenig über die tatsächliche Ressourceneinsparung aussagen“, kritisierte DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen. So diene zur Messung der Ressourceneffizienz der Indikator Rohstoffproduktivität, das Verhältnis von Bruttoinlandsprodukt zum Materialeinsatz. Auf der Basis des Jahres 1994 wolle die Bundesregierung die Verdoppelung der Rohstoffproduktivität bis 2020 erreichen.

Der DNR weist aber darauf hin, dass sich die Rohstoffproduktivität sofort erhöht, sobald Wirtschaftssektoren wachsen, die keinen oder nur einen geringen Bezug zum Ressourcenverbrauch aufweisen, wie zum Beispiel der Finanz- oder Dienstleistungssektor. Der Indikator könne sich in diesem Fall positiv entwickeln, obwohl gar keine reale Effizienzsteigerung erfolgt sei. Der DNR schlägt daher als Maßstab das sogenannte Total Material Requirement (TMR) vor, das den absoluten Ressourcenverbrauch misst und den im Im- und Export von Gütern enthaltenen Rohstoffverbrauch berücksichtigt.

Auch zum öffentlichen Beschaffungswesen mache ProgRess leider kaum konkrete Aussagen, so Röscheisen, obwohl dieses einen Anteil von 17 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder 360 Milliarden Euro pro Jahr laut den Daten des Jahres 2002 hatte.

ProgRess steht zum Download bereit unter:
http://www.bmu.de/allgemein/aktuell/160.php

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