„Lebensmittelskandale beruhen überwiegend auf Systemfehlern. Bei BSE war es die widernatürliche Verfütterung von tierischem Eiweiß an Wiederkäuer. Bei der gegenwärtigen Futtermittelpanscherei ist es die unkontrollierbare Entsorgung komplexer Abfälle der Biodieselproduktion über Tiermägen,“ sagt Ernst A. Stadlbauer, Professor an der Fachhochschule Gießen-Friedberg. Einen technischen Ausweg biete das im Arbeitskreis des Chemikers entwickelte Verfahren. Es mache die Verwendung von Reststoffen der Biodieselproduktion in der Futtermittelindustrie überflüssig. Verbliebene Fette und Fettsäuren würden in Kraftstoffe umgewandelt und damit grundsätzlich dem Futtermittelpfad entzogen, erläutert Stadlbauer. Diese alternative Entsorgungslösung sei kürzlich zum Patent angemeldet worden. Im März werde sie auf der Hannover Messe international vorgestellt.
Sabrina Stengl, die als diplomierte Ingenieurin im Labor für Entsorgungstechnik des Fachbereichs Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik arbeitet, erläutert das methodische Vorgehen: „Wir verwenden Katalysatoren für diesen Umwandlungsschritt bei 400 Grad unter Luftausschluss. Aus einer Tonne Fett oder Fettsäuren beziehungsweise Seifen als Salze von Fettsäuren erhalten wir 700 Kilogramm Kohlenwasserstoffe. Diese trennen wir in Benzin und Diesel auf.“ Physikalische und chemische Analysen zeigten, dass die Produkte die deutsche Qualitätsnorm für mineralische Dieselkraftstoffe in vollem Umfang erfüllen.
Student Christian Koch, der sich mit der Destillation der Rohöle befasst, hat eine klare Meinung zur Verwendung: „Der sicherste Ort für die Verwertung organischer Reststoffe der Biodieselherstellung oder Speisefettaufbereitung ist der Tank, nicht der Futtertrog.“ Mit der Umwandlung abgetrennter Fette, Fettsäuren oder Seifen in mineralische Kraftstoffe oder Lösungsmittel könne eine höhere Wertschöpfung als beim Futtermittelzusatz erzielt werden.
„Industrie und Agrarpolitik sollten eingefahrene Verwertungstrategien überdenken, um das Risiko wiederkehrender Futter- und Lebensmittelskandale mit hohen betriebs- und volkswirtschaftlichen Schäden zu minimieren“, so Projektleiter Stadlbauer.