Seit neuestem gelten für Unternehmen Auskunftspflichten über Stoffe mit besonderen Gefahren für Mensch und Umwelt: Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) wird Ende Oktober erstmals eine Liste besonders besorgniserregender Stoffe veröffentlichen. Dazu zählen krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Stoffe und persistente, bioakkumulierende, toxische Stoffe (PBT-Stoffe) – also solche, die sich langlebig in der Umwelt sowie dem menschlichen Körper verhalten, sich dort anreichern und giftig sind.
Diese Liste wird nicht ohne Folgen bleiben: Die europäische Chemikalienverordnung verpflichtet Unternehmen ihre gewerblichen Kunden zu informieren, falls in ihren Erzeugnissen eine in der Liste identifizierte Chemikalie mit mehr als 0,1 Prozent enthalten ist.
„Ich rate allen Verbraucherinnen und Verbrauchern ihr Auskunftsrecht zu nutzen und vom Handel zu verlangen, dass er die Information über besorgniserregende Chemikalien zur Verfügung stellt. Der Handel sollte sichere Produkte bei den Herstellern fordern“, sagt Dr. Thomas Holzmann, Vizepräsident des Umweltbundesamtes (UBA).
Für besonders besorgniserregende Stoffe sieht Reach eine Zulassungspflicht vor. Das soll dazu führen, dass die Hersteller schrittweise weniger problematische Alternativstoffe oder -technologien einsetzen. Zwar bedeutet die Veröffentlichung in der so genannten Kandidatenliste für eine Chemikalie nur die Anerkennung als besonders besorgniserregend und ist nicht gleichbedeutend mit einer Zulassungspflicht. Es ist jedoch der erste Schritt dorthin.
Den Grundstein dafür haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) gelegt: Sie haben die Vorschläge für die Aufnahme in die Kandidatenliste erarbeitet. Das UBA schlug als ersten Stoff für die Kandidatenliste Anthrazen vor, eine Chemikalie aus der Gruppe der Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK). Anthrazen ist ein PBT-Stoff und wird wegen seiner schädlichen Wirkungen in Gewässern in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie als „prioritär gefährlicher Stoff“ geführt.
Weitere besonders besorgniserregende Stoffe sind zum Beispiel die Weichmacher (Phthalate) Diethylhexyl (DEHP), Dibutyl (DBP) und Bezylbutyl (BBP) sowie das bromierte Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD), das in vielen Untersuchungen in der Umwelt und im menschlichen Blut nachgewiesen wurde.
Die in der Kandidatenliste enthaltenen 15 Stoffe sollen nur der Anfang sein. Die EU-Mitgliedstaaten und die ECHA arbeiten schon jetzt an neuen Vorschlägen für die Liste. Das UBA beteiligt sich weiter daran. Einen Schwerpunkt stellen dabei PBT-Stoffe, für Gewässer relevante Chemikalien und Stoffe mit Wirkungen auf das Hormonsystem dar.