Ein Musterbeispiel ist die Einstufung der Shredderleichtfraktion (SLF). In manchen Bundesländern wird ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die SLF ein ungefährlicher Abfall ist, was hinsichtlich der Entsorgung mehr Möglichkeiten eröffnet.
Worauf beruht die Unterscheidung, dass SLF einmal als gefährlicher und einmal als ungefährlicher Abfall eingestuft wird?
Dies hängt damit zusammen, dass es zwei verschiedene Abfallschlüssel gibt: eine nicht gefährliche und eine gefährliche Variante (sogenannten Spiegeleinträge). Bei letzterer liegen Gefährlichkeitsmerkmale der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) vor.
Im Jahr 2003 hat man von Seiten des Bundesrates eine Vollzugshilfe zur Umsetzung der AVV abgelehnt, weil sich die Bundesländer auch damals nicht auf eine einheitliche Vorgehensweise einigen konnten.
Derzeit wird seitens des Umweltbundesamtes an einer Handlungsempfehlung für die ökotoxikologische Charakterisierung gearbeitet, die aber noch nicht zur Verfügung steht.
Ob mit oder ohne Vollzugshilfe, ein einheitlicher Vollzug ist jedenfalls dringend geboten. Wichtig wäre, bei allen gefahrenrelevanten Abfallschlüsseln diejenigen Kriterien auszuwählen, die gesundheits- und/oder umweltrelevant sind.
Die Merkmale aus der Stoff- und Zubereitungsrichtlinie der EU können hier nur sehr eingeschränkt weiterhelfen. Vielmehr sind solche chemisch-physikalischen Parameter anzulegen, die den spezifischen Abfall besser charakterisieren und gegebenenfalls eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen.
So kann beispielsweise Blei nur dann gefährlich werden, wenn es in seine organischen Verbindungen verwandelt wird. Es spielt aber fest gebunden in metallischer Form keine Rolle für Umwelt- und Gesundheit, zumal wenn die belastete SLF in energetischen Verfahren behandelt wird und das Blei in der Schlacke wieder zu finden ist.
Kohlenwasserstoffe können beispielsweise beim Einsatz in energetischen Verfahren emittieren, werden aber in der Regel vollständig verbrannt.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass es notwendig ist, Parameter zur Abgrenzung der Gefährlichkeitseigenschaften hinzuziehen, die im entsprechenden Abfall eine Rolle spielen und bei der Entsorgung gegebenenfalls limitiert werden müssen.
Wegen dieser schwierigen chemisch-wissenschaftlichen und rechtlichen Situation wurde hierzu von der BDSV eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Es wurde beispielsweise geprüft, ob die derzeit gängige chemische Analytik geeignet ist, eine Einstufung der SLF gemäß § 3 der AVV durchzuführen.
Des Weiteren wurde geprüft, ob die immer wieder ins Feld geführten Schadstoffparameter wie Schwermetalle, PAKs (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) oder PCBs (Polychlorierte Biphenyle) tatsächlich in der SLF relevant sind.
Insgesamt wurden 16 verschiedene SLF-Proben untersucht. Hier die Ergebnisse einzelner Stoffe.
Schwermetalle: Die Grenzwerte der Stoffe aus Anhang I der Stoffrichtlinie werden in allen Fällen eingehalten.
PCB-Grenzwert von 50 mg/kg: Wird in allen Fällen eingehalten, zu geringfügigen Überschreitungen kann es dort kommen, wo sehr alte „Weiße Ware“ mit geshreddert wurde.
PAKs und Benzo(a)pyrene: Der Grenzwert der Summe der 16 PAKs (16 PAKs 0,1 Gew. Prozent) wird deutlich eingehalten, ebenso für Benzo(a)pyrene von 50 mg/kg.
Mineralölkohlenwasserstoffe: Eine Überschreitung der Grenzwerte ist deshalb meist nicht auszuschließen, weil bei der Anwendung der Analysenvorschrift KW 04 der LAGA auch Kohlenwasserstoffe aus den Kunststoffen mitbestimmt werden, dies hängt mit der Extraktion zusammen. Deshalb muss für die Bestimmung der mineralölbasierten Kohlenwasserstoffe nach einer neuen Methode gesucht werden.
Ökotoxizität (H14-Kriterium): Beim Leuchtbakterientest und Bakterienkontakttest waren keine toxischen umweltrelevanten Eigenschaften nachweisbar. Aufgrund oben durchgeführter Untersuchungen spricht sich die BDSV dafür aus, zukünftig bundeseinheitlich die SLF als „nicht gefährlicher Abfall“ einzustufen und eine neue Methode für die Bestimmung der mineralölbasierten Kohlenwasserstoffe zu suchen.