Laut einer Umfrage für die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) befürchten die meisten Unternehmer durch die erzwungene Transparenz in Kombination mit dem unkontrollierten Zugriff auf die Registerdaten eine verschlechtere die Wettbewerbssituation.
Die öffentlich einzusehenden Informationen ermöglichten es der Konkurrenz, die Unternehmen zu „sezieren“ oder gar „auszuspionieren“ – man fühle sich in ungewohntem Maße „gläsern“. Derartige Befürchtungen äußerte jeder Dritte von 118 befragten Eigentümern und Top-Managern aus Familienunternehmen.
Nicht nur der Blick auf die Konkurrenz bereitet Sorge. Jeder zehnte der Befragten macht geltend, dass die Kalkulation (zum Beispiel für den Kunden) durchschaubar wird mit der Folge, dass Margendruck entsteht. Dass aus den Abschlussdaten die Firmenstrategie abzulesen sein könnte, befürchten 8 Prozent, allerdings mit einem deutlichen Schwerpunkt bei den kleineren Unternehmen. Ebenfalls 8 Prozent sehen die Gefahr, dass Neid und Gerede entstehen oder im Extremfall sogar Familienmitglieder entführt werden könnten. Ähnlich gelagert ist die Besorgnis von 7 Prozent der Befragten, Rückschlüsse auf die persönliche Vermögenssituation könnten möglich sein oder die Privatsphäre verletzt werden. Nur jedes achte Unternehmen ist völlig sorglos – es sieht sich nicht von der Publizitätspflicht betroffen.
Die Umfrage zeigt, dass die genannten potenziellen Bedrohungen von den Familienunternehme(r)n als sehr real eingeschätzt werden. Immerhin meinen zwei Drittel der Befragten, dass andere Personen oder Firmen bereits auf ihre Unternehmensdaten zugegriffen haben. Und ebenfalls zwei von drei sind der Ansicht, dass die Publizitätspflicht, die vom kommenden Jahr an sehr viel rigider durchgesetzt werden soll, ihrem Unternehmen Nachteile bringt. Verweigerung kann teuer werden Rund 8 Prozent der Unternehmen erklären klipp und klar, dass sie grundsätzlich lieber ein Ordnungsgeld zahlen als ihre Daten pflichtgemäß im neuen elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
Eine solche Verweigerung war bisher noch vergleichsweise risikolos, weil es keine Institution gab, die die Einhaltung des Gesetzes systematisch überwacht hätte. Doch vom Beginn des kommenden Jahres an soll das Anfang 2007 gegründete Bundesamt für Justiz die Publizitätspflicht rigoros durchsetzen – mit Ordnungsgeldern bis zu 25.000 Euro, die in der selben Sache bis zu acht Mal jährlich erhoben werden können. Insgesamt ist freilich Gesetzestreue Trumpf: 87 Prozent der betroffenen Unternehmen wollen lieber fristgerecht publizieren.
Weniger riskant als die Verweigerung, aber durchaus aufwendig, sind Umgehungs-Strategien. Um der Publizitätspflicht zu entgehen, haben schon 9 Prozent der befragten Unternehmen eine Umstrukturierung vorgenommen, weitere 5 Prozent planen eine solche Maßnahme, und 8 Prozent sind noch unschlüssig.
Das Spektrum der Maßnahmen reichte bisher von der Änderung der Rechtsform über die Betriebsaufspaltung und den befreienden Konzernabschluss bis hin zur Aufnahme eines persönlich haftenden Gesellschafters.
Der Schritt ins Ausland war für keins der Familienunternehmen eine Option. Und für mehr als drei Viertel der Unternehmen kommt eine Umstrukturierung nicht in Frage. Auch eigene Neugierde ist ein Faktor Wenn auch die Nachteile der Pflichtveröffentlichung klar im Vordergrund aller Einschätzungen stehen, so erkennt doch ein Teil der befragten Manager auch Vorteile.
Jeder zweite sieht einen positiven Aspekt. Das häufigste Argument für die Abschlusspublizität bestätigt zugleich die Skepsis der Mehrheit: 28 Prozent der Befragten finden Gefallen daran, selbst Einblick in die Daten von Wettbewerbern nehmen zu können. 15 Prozent empfinden die größere Transparenz als generell vorteilhaft für alle Marktbeteiligten, und 12 Prozent begrüßen, dass die bessere Möglichkeit, Unternehmen von außen zu beurteilen, zu einem größeren Vertrauen führen könnte.
Dem letzten Argument steht allerdings die Befürchtung von 30 Prozent der Unternehmenslenker gegenüber, dass der Blick auf die Unternehmensdaten zu falschen Schlüssen und zu Fehlbewertungen führen könnte. Insgesamt fällt auf, dass familienfremde Manager das Problem der Pflicht-Publizität deutlich gelassener sehen als die geschäftsführenden Familienmitglieder. So entdeckten nur 44 Prozent der Familienmitglieder überhaupt Vorteile des Verfahrens – bei den Familienfremden waren es 55 Prozent. Umgekehrt sahen 74 Prozent der Familienmitglieder auf Anhieb Nachteile, während nur 62 Prozent der Familienfremden spontan einzelne Nachteile nennen konnten. Obwohl sich zwei Drittel der befragten Unternehmen in internationalen Märkten bewegen, blieb ein Punkt unkritisiert: dass die Publizitätspflicht nicht ins globale Umfeld passt.
Hierzu Prof. Norbert Winkeljohann, Mitglied des Vorstands und Leiter des Bereichs Mittelstand von PwC, sieht solche Vorbehalte in der Praxis bestätigt. Bis zum Geschäftsjahr 2005 waren die Firmeninformationen nur auf Antrag zur Verfügung gestellt worden.
„Dabei zeigte die Erfahrung, dass Antragsteller überwiegend Kunden und Wettbewerber waren und nicht die Gläubiger, deren Schutz die Publizitätspflicht ursprünglich dienen sollte. Die Veröffentlichung der vertraulichen Unternehmensdaten hilft damit offensichtlich weniger dem Gläubiger, sondern führt zu einer Beeinflussung des Wettbewerbs“, unterstreicht Winkeljohann.
Gleichzeitig betont Winkeljohann: „Die Registerpublizität für mittelständische Unternehmen ist in Europa einzigartig. In den USA sind beispielsweise nur börsennotierte oder kapitalmarktorientierte Unternehmen publizitätspflichtig.“
Sein Fazit: „Die Publizitätspflicht schadet vor allem solchen Familienunternehmen, die in starkem nationalen oder internationalen Wettbewerb stehen.“